Innovation und Klassik – Wie Produkte klassische Verpackungen inspirierten

Verpackungs- und Produktdesign ist eine Erfindung der Moderne. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts dienten Verpackungen und Produktform fast ausschließlich dem Schutz, der Lagerung und Konservierung eines Produktes. Die Jahrhundertwende brachte eine riesige Menge zivilisatorischer Veränderungen mit sich: Die wachsende materielle Besserstellung einer immer breiteren bürgerlichen Schicht – eine Folge des Wirtschaftsaufschwungs der Gründerzeit – brachte im Konsumbereich eine deutlich belebte Nachfrage nach „gehobenen“ Produkten mit sich.

Wiedererkennbarkeit der Produkte

Der Markenartikel etablierte sich – und mit ihm das Bedürfnis der Hersteller, die beworbenen Verbrauchsgüter erstmals wiedererkennbar zu gestalten. Die Entdeckung, dass Verbraucher luxuriöse Markenverpackungen auch deshalb erwerben, um für sich selbst einen Prestigegewinne in ihrer Umgebung zu erzielen, eröffnete um 1900 den Artikeln neue Zielgruppen. Diese bis dato neue Kundschaft konnte sich neue Konsumgewohnheiten leisten, die zu neuen Darreichungsformen der Produkte führten. Dies waren beispielsweise Zigarettenschachteln, Tafelschokolade oder Coca-Cola-Flaschen. Speziell innovative Produkte hatten damals auch eine besonders eigenständige Packung, die sich in einigen Fällen bis heute als markenbildend bewährt und deshalb über 100 Jahre erhalten hat.

Verpackungsdesign: Innovation gepaart mit Formtreue

Ein Paradebeispiel für die Gleichung Innovation plus Formtreue ist Persil. Die Waschmittelhersteller von Henkel befanden sich in der glücklichen Situation, dass sie die Haushaltswelt der Frauen im Juni 1907 wirklich revolutionieren konnten. Persil war das weltweit erste selbsttätige arbeitende Waschmittel. Der Name leitet sich übrigens von den wichtigsten Bestandteilen her: Perborat und Silikat. Als einer der ersten Markenartikel überhaupt wurde Persil in einer Pappschachtel mit einem vorwiegend grünen Hüllenblatt mit weißen und roten Farbakzenten angeboten. Im Jahre 1921 erschien zum ersten Mal das bekannte rote Henkel-Oval in der Mitte der grün-weißen Persil-Packung. Für die Fima Henkel wird das Oval mit dem unverkennbaren Schriftzug prägend und ist bis heute das optische Erkennungsmerkmal des Unternehmens geblieben. Vergleicht man Packungen aus dem Jahr 1938 und 1950 stellt man fest, dass sich die Packungen nur graduell unterscheiden. Denn als das Unternehmen Henkel nach dem Krieg im Jahr 1950 die Produktion von Persil wieder aufnimmt, soll den Verbrauchern signalisiert werden, dass das vertraute und bewährte Waschmittel wieder da ist. Bis 2007 blieb Henkel seinem Erscheinungsbild treu. Das Beispiel Persil ist ein Paradebeispiel für die Kombination eines innovativen Produktes mit einem stimmigen Verpackungsdesign.

Tradition und Moderne im Design verbinden

Ähnlich verhält es sich mit der bekannten Uhu-Tube. Auch bei diesem Beispiel. Auch hier gab es zunächst ein brandneues Produkt, das zu einem neuen Verpackungsdesign führte. Der weltweit erste synthetische Klebstoff wurde von August Fischer im Jahr 1932 entwickelt. Hauptwirkstoff war Polyvenylacetat, eine Entwicklung aus dem Luftschiffbau. Die Packung war ein absoluter Geniestreich des Verpackungsdesigns: Eine gelbe Tube mit Metall Verschluss, auf der ein Markenschriftzug in schwarzen Majuskeln ragte. Dem Design der Tube passten sich die erst im Zuge der Selbstbedienung ab etwa 1950 aufkommenden Schachteln als Umverpackung an. Ansonsten blieb die ursprüngliche Gestaltung der Verpackung mit nur minimalen Veränderungen erhalten. Auch dieses Beispiel zeigt: Das Produkt war eines der ersten und besten seiner Art. Die Verpackung blieb lange Zeit fast unverändert und etablierte sich zum Klassiker des Verpackungs- und Produktdesigns.

Verbraucher nehmen überarbeitete Designs an

Trotz des Erfolges überarbeitete der Persil-Hersteller Henkel zum 100-jährigen Bestehen der Marke das Erscheinungsbild neu. Eine Welle verbindet nun den oberen Logo-Bereich mit dem strahlend grünen Energiefeld. Die Welle bringt, zusammen mit dem modernisierten Logo, merkbar Schwung und Bewegung in das Produktdesign. Thomas Tönnesmann, Marketingleiter für die Wasch- und Reinigungsmittel von Henkel, erklärt das neue Design: „Verbraucherstudien haben gezeigt, wie prägend und charakteristisch das Verpackungsdesign von Persil ist: Ein Rechteck, das im oberen Drittel einen roten Balken auf weißem Grund zeigt und darunter grün eingefärbt ist, wird bereits als Persil erkannt. So stand von vorne herein fest, dass der Persil-Schriftzug im oberen Bereich der Verpackung bleiben muss und auch die Farben Rot, Weiß und Grün elementar sind.“ Die Überarbeitung der Gestaltung hat funktioniert: Persil wurde mit dem „iF Gold Award 2007“, einer begehrten Auszeichnung für Design, in der Kategorie „Print Media“ für das neue Marken- und Verpackungsdesign ausgezeichnet. „Persil bleibt Persil – das gilt auch für das Verpackungsdesign“, begründet die Jury ihre Entscheidung: Die Markenidentität bewahrend, setze das Design neue Maßstäbe – „ein Beispiel für einen äußerst gelungenen Relaunch“, so die Jury.

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