Coutinho – und sonst? Weltstars ignorieren die Bundesliga

Hamburg – Beim FC Barcelona reichte es für ihn nur zur Reservebank. In der Bundesliga und beim FC Bayern läuft Philippe Coutinho schon vor seinem ersten Auftritt unter der Kategorie Weltklasse-Spieler.

Der Transfer des Brasilianers zum deutschen Fußball-Rekordmeister aus München hat die deutsche Eliteliga in geradezu kollektives Entzücken versetzt. Sogar der ärgste Konkurrent gratuliert dem Serienchampion aus dem Süden zum Ausleih-Coup. «Ich sehe das positiv, wenn ein so großer Name in der Bundesliga spielt. Dazu kann man die Bayern nur beglückwünschen», meint Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.

Endlich kommt wieder mal ein Weltstar nach Fußball-Deutschland, endlich fällt ein wenig Glanz auf das Produkt Bundesliga. Doch reicht das? Finanziell und sportlich droht die Bundesliga schon lange abgehängt zu werden. Internationale Top-Stars kommen nur ganz selten nach Deutschland.

Seit Jahren erweisen sich die englische Premier League und die spanische Primera División als die Zielmärkte für hochbegabte Ballkünstler aus aller Welt. Vor allem dank der Finanzkraft durch üppigste TV-Gelder. Seit Jahren herrschen diese Clubs auch im Europapokal. Vereinzelt mischen noch Vereine mit finanzstarken Investoren wie Paris Saint-Germain und Juventus Turin auf dem zuletzt finanziell völlig enthemmten Markt mit.

«Man muss sie bezahlen können», sagte FC Augsburgs Sportchef Stefan Reuter über die Top-Stars. «Das ist das alles Entscheidende. Die absoluten Weltstars gehen dahin, wo am meisten Geld bezahlt wird.» Es sei schön, wenn Vereine wie Bayern München oder Borussia Dortmund mit den internationalen Größen konkurrieren können und so einen Spieler wie Coutinho «auch mal nach Deutschland holen».

In der Tat sind die Bayern und die Dortmunder die einzigen deutschen Clubs, die in der Champions-Finanz-League mitspielen. «Bayern München kann man nicht mit der Bundesliga gleichsetzen, wir reden über einen der größten Clubs der Welt», sagte Fortuna Düsseldorfs Vorstandschef Thomas Röttgermann der Deutschen Presse-Agentur.

Er glaube schon, dass Bayern oder die Borussia für solche Spieler von Interesse sind. «Am Ende werden die Topstars, die dort nicht landen, regelmäßig dort anheuern, wo das meiste Geld ist, und das ist nach wie vor nicht in der Bundesliga», meinte Röttgermann. Daher werde das für die übrigen Clubs kein Startschuss sein, Weltstars in die Bundesliga zu holen.

Ihre Sonderstellung in der Liga haben der FCB und der BVB in der aktuellen Transferperiode wieder einmal unterstrichen. Dortmund gab 137 Millionen Euro aus – allerdings für sechs Spieler, vorwiegend aus dem heimischen Markt. Der Club hatte aber auch ähnliche hohe Einnahmen durch Verkäufe. Die Bayern investierten allein in die französischen Weltmeister Lucas Hernández und Benjamin Pavard insgesamt 115 Millionen Euro. Doch das Prädikat Weltstars haben die beiden Abwehrkräfte auch noch nicht.

Dieses Prädikat wird Bayern-Neuerwerb Coutinho angeheftet. «Das ist ein Super-Spieler, ein Super-Junge, und wir haben ihn damals super ungern abgegeben», sagt Jürgen Klopp vom Champions-League-Sieger FC Liverpool. Er hatte den brasilianischen Nationalspieler bis 2018 in Liverpool trainiert, ehe der sich für mehr als 140 Millionen zum FC Barcelona streikte, dort aber an Lionel Messi oder Luis Suarez nicht vorbeikam.

«Warum verlässt ein 27-Jähriger einen Weltclub wie den FC Barcelona?», fragte Ex-Bundestrainer Berti Vogts in seiner Kolumne bei «t-online.de». «Weil er die Hoffnung aufgegeben hat, sich dort durchzusetzen. Hier kommt vielleicht gar kein Weltstar, sondern ein wahrscheinlich in der neuen Saison Ersatzspieler des FC Barcelona.»

Den Bayern ist der nur 1,72 Meter große Offensiv-Zauberer dennoch einiges wert. Nach der einjährigen Leihe für 8,5 Millionen Euro muss der Meister bei Gefallen 120 Millionen Euro als Kaufpreis hinlegen – das wäre Rekord für die Bundesliga. Und auch im internationalen Vergleich eine respektable Summe. Für Spieler aus dem obersten Verkaufsregal wie Messi, Ronaldo, Neymar, Griezmann würde das aber noch lange nicht reichen.


(dpa)

(dpa)