Die Überraschungskandidaten: Wer ärgert Hamilton und Vettel?

Melbourne – Der Chef der Formel 1 sehnt sich nach Abwechslung. Immer nur Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel – das soll nach dem Wunsch von Boss Chase Carey in der neuen Saison anders werden.

«Wir sehen hoffentlich ein paar Überraschungen. Das Potenzial ist da», sagte der 65 Jahre alte Amerikaner mit dem eisgrauen Zwirbelbart vor dem Auftaktrennen in Melbourne. Wen Carey dabei im Sinn hat? Ein Blick auf die Kandidaten:

Charles LECLERC: Der Musterschüler. Vettels neuer Teamkollege steht für die Zukunft von Ferrari, will aber schon in der Gegenwart gewinnen. Der 21-Jährige aus Monaco hat die Fahrer-Akademie der Scuderia durchlaufen. Eingewöhnungsprobleme wird er daher nicht haben, auch wenn er im Vorjahr im Sauber seine ersten Grand Prix fuhr – und als Steuerkünstler auffiel. Bei Ferrari soll er Vettel mehr Dampf machen als es zuletzt Kimi Räikkönen tat. Wenn es eng zwischen den beiden wird, erhält Vettel aber vorerst Vorfahrt. Leclercs freche Strategie: «Ich will mich in eine Situation bringen, in der sich die Frage nach Stallorder gar nicht erst stellt.»

Max VERSTAPPEN: Der Lümmel. Der Niederländer steht unter besonderer Beobachtung der Rennrichter. Wegen einiger Rüpeleien musste der 21-Jährige in der Winterpause zweimal Sozialstunden im Motorsport abbrummen. Künftig will Verstappen seine Emotionen auf der Strecke besser kontrollieren. An seinem Talent hat er keine Zweifel. «Ich bin sicher, dass ich es mit Lewis und Seb aufnehmen kann», sagte er. Dafür aber muss der neue Motorenpartner Honda seinen Red Bull gewaltig beschleunigen. Sonst könnte der schnell erhitzte Verstappen bald wieder aus der Rolle fallen.

Valtteri BOTTAS: Die Zweitbesetzung. Für den Finnen geht es in diesem Jahr um den Arbeitsplatz bei Mercedes, das dürfte Motivation genug sein. Im Vorjahr rutschte Bottas in ein ausgewachsenes Formtief, gewann kein Rennen und wurde bald auf Helferdienste für Superstar Hamilton reduziert. Im Winter setzte sich der 29-Jährige ins Rallye-Auto, genehmigte sich auch mal ein Gläschen. «Er hat die Freude am Rennfahren wieder entdeckt. Ich erwarte, dass wir den schnellsten Bottas bislang sehen», sagte Teamchef Toto Wolff.

Daniel RICCIARDO: Der Abenteurer. Wagemut kann dem Australier niemand absprechen. Der 29-Jährige verließ überraschend Red Bull, das zuletzt als einziges Team neben Mercedes und Ferrari siegfähig war. Bei Renault wird Ricciardo vorerst wohl eher als Aufbauhelfer gebraucht. Der Rückstand des französischen Werksteams auf die Spitze scheint weiter beträchtlich. Sein sonniges Gemüt dürfte Ricciardo helfen, die Rückschläge im Mittelfeld zu verkraften. «Wir kennen unser Ziel und lassen uns nicht verrückt machen», sagte Ricciardo. Erste Messgröße ist Teamkollege Nico Hülkenberg, der als zuverlässig schnell gilt.

Kimi RÄIKKÖNEN: Der Senior. Ferrari wollte die Dienste seines bislang letzten Weltmeisters nicht mehr. Doch Räikkönen hat noch Lust auf Raserei. Also hängt der Finne noch zwei Jahre bei Alfa Romeo dran. Weil sich hinter dem Namen das frühere Sauber-Team verbirgt, ist es für den 39-Jährigen eine Heimkehr. Für die Schweizer gab Räikkönen 2001 sein Grand-Prix-Debüt. Nun ist er der älteste Pilot im Feld und mit seinem spröden Humor ein Fanliebling. Was ist diesmal möglich? «Ich habe mir keine bestimmten Ziele gesetzt», ließ Räikkönen wissen. Typisch Kimi eben.

Robert KUBICA: Der Rückkehrer. Acht Jahre ist es her, seit der Pole zuletzt in einem Grand Prix fuhr. Wegen eines schweren Unfalls bei einem Rallye-Gaststart galt ein Comeback lange als kaum denkbar. Der 34-Jährige kann seinen rechten Arm nur noch eingeschränkt nutzen, macht im Auto das meiste mit links. Doch bei mehreren Tests bewies er, dass er noch immer in der Formel 1 mithalten kann. Williams gab ihm nun wieder ein Stamm-Cockpit. «Ich hatte ehrlich gesagt wenig Zeit, über meine Gefühle nachzudenken», sagte Kubica vor dem Neustart in Melbourne. Sein einziger Grand-Prix-Sieg gelang ihm 2008 in Montréal. Im unterlegenen Williams muss Kubica auf ein Wunder hoffen, um das zu wiederholen. Aber mit Sportmärchen kennt er sich ja aus.


(dpa)

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