Formel 1: Globetrotter Hamilton wächst in neue Rolle hinein

Sotschi – Die Zeit vor seiner Formel-1-Dienstreise ans Schwarze Meer verbrachte Lewis Hamilton in Thailand und Malaysia. An «wundervollen Plätzen» sei er gewesen, eine «wertvolle Zeit» habe er dort verbringen und auch ein «gutes Training» absolvieren können.

Das Fazit des Globetrotters vor den sechs letzten Grand Prix dieser Saison: «Ich fühle mich sehr gut.» Warum auch nicht? Privat vergnügt sich Hamilton bei einer Ausfahrt in die Dünen von Dubai mit Rapstar Nicki Minaj. In seinem Hauptberuf als Rennfahrer steht er an der WM-Spitze, hat vier der vergangenen fünf Grand Prix gewonnen und mittlerweile 40 Punkte Vorsprung auf Sebastian Vettel im Ferrari.

«Ich bin hier, um zu gewinnen und der Beste zu sein, der ich sein kann», betonte Mercedes-Mann Hamilton vor dem 16. Saisonlauf am Sonntag (13.10 Uhr) in Sotschi. «Ich muss niemandem etwas beweisen, das ist meine persönliche Meinung. Ich weiß, wozu ich fähig bin.» Der Kern der Aussage soll lauten: Hamilton hat eigentlich nur einen echten Maßstab – und der ist er selbst.

Zwischen dem WM-Ersten Hamilton und dem WM-Zweiten Vettel gibt es privat einen ganz großen Unterschied: Während der Brite zwischen den Rennen schier atemlos weltumspannende Zerstreuung sucht, zieht sich der Deutsche durchschnaufend in sein Zuhause in der Schweiz zurück. Hamilton entwirft eine Modelinie, Vettel mäht seinen Rasen. Das funktioniert so für beide.

Hamilton musste herzhaft lachen, als er in dem von vielen Grautönen dominierten Fahrerlager in Sotschi von einem Journalisten zu seiner Identität gefragt wurde. Sei er eigentlich noch ein Rennfahrer mit interessanten Hobbys? Oder hätte er diesen Aggregatszustand nicht schon verlassen? Gegluckse. Dann beschied ein geschmeichelter Hamilton: «In erster Linie bin ich ein Rennfahrer, der sehr gut Auto fährt. Ich versuche aber auch in die Rolle als Unternehmer und Geschäftsmann hineinzuwachsen und erfolgreich zu sein.»

Der Beste zu sein, das treibt einen Hamilton, einen Vettel an. Der Status als Nummer eins zählt. Um dorthin zu kommen, muss man auch nerven können. «Ich gehe meinen Ingenieuren auf den Sack, weil ich sie immer herausfordere. Selbst wenn ich falsch liegen sollte, hinterfrage ich immer noch», erläuterte der 33-Jährige, der sich dadurch einen positiven Einfluss auf das Team zuschreibt.

Hamilton verwandle sich in dieser Phase der Saison in «eine echte Maschine», lobte Mercedes-Technikdirektor James Allison seinen Star im britischen TV-Sender Sky. Dadurch kann man auch Rückschläge verkraften und Rückstände umdrehen – selbst wenn sie, wie nach dem England-Rennen, auf Vettel nur acht Punkte betrugen.

Hamilton, der sich «gesünder, glücklicher und stärker denn je» fühlt, hat das in dieser Saison geschafft und rast seinem fünften WM-Titel entgegen. Diese Marke haben zuvor nur Ikone Juan Manuel Fangio und Legende Michael Schumacher erreicht. Schumacher ist mit sieben Championaten Formel-1-Rekordhalter.

Fahrerisch unverwundbar fühlt sich Hamilton trotz seines Vorsprungs vor der Schlussphase der Saison aber nicht. Er weiß, dass Fehler schnell und bitter bestraft werden können. Mit der Vorstellung, schon eine Hand an der WM-Trophäe zu haben, kann Hamilton daher nichts anfangen. Nur nicht voreilig sein. Allzu lange muss es aber nicht mehr dauern, bis Hamilton wieder beide Hände an die Trophäe legen kann.


(dpa)

(dpa)