Ginter: «Kleiner Junge aus Freiburg» jetzt in Löws A-Plan

Berlin – Gleich zu Beginn des letzten Trainings vor der Abreise nach Amsterdam nahm Joachim Löw den langen Blonden für ein kurzes Vier-Augen-Gespräch zur Seite.

Matthias Ginter, jener junge Mann mit null Einsatzminuten bei zwei WM-Turnieren, ist plötzlich eine wichtige Größe im A-Plan des Bundestrainers für die beiden schweren Nations-League-Spiele der Fußball-Nationalmannschaft am Samstag in den Niederlanden und drei Tage später bei Weltmeister Frankreich.

«Es war ein Stück den Umständen geschuldet», sagte Ginter bescheiden zu seiner neuen Rolle. Beim Neustart nach einer verpatzten WM in Russland konnte sich der Gladbacher Abwehrspieler bewähren.

Generell sei es natürlich für alle «nicht so positiv gelaufen», blickte Ginter nochmals auf das WM-Turnier mit dem erstmaligen Vorrunden-Aus eines DFB-Teams. Der gebürtige Freiburger zählte wie schon bei der triumphalen WM 2014 in Brasilien zum Kader. Er absolvierte in Russland aber keine einzige Spielminute.

Das hatte es für einen Feldspieler in der deutschen Fußballhistorie zuvor nicht gegeben. «Danach war viel Unruhe. Alle waren gespannt, wie wir reagieren würden», erzählte Ginter im Berliner Hertha-Amateurstadion. «Wir haben dann erstmal Wert gelegt auf Defensive.» Das war Ginters Ticket in Löws Startelf.

Hatte bei ihm nach zwei Weltmeisterschaften ohne persönlichen Einsatz nicht ein wenig der Gedanke genagt, oh Gott, ist es das jetzt gewesen mit der Nationalmannschaft? «Nein», erwiderte Ginter: «Auf keinen Fall. Bei der ersten WM war ich auf den letzten Drücker noch dabei, als kleiner Junge aus Freiburg, als Jüngster. Da war ich froh, dabei zu sein, habe alles aufgesaugt. Es lief dann ja auch sehr gut für uns als Mannschaft», erinnerte er an den Titelgewinn in Südamerika.

«In Russland war es eben so, dass wir überraschenderweise nicht so viele Spiele hatten. Wir haben auch keine Dreierkette gespielt, die dann im weiteren Turnierverlauf vielleicht noch drangekommen wäre», sagte der zurückhaltende Ginter im Rückblick auf den Sommer. «Ich bin jetzt noch nicht der Älteste und habe deshalb noch keine Gedanken, dass es das gewesen sein sollte», sagte der 24-Jährige.

Die Erfolgserlebnisse im Auswahl-Trikot musste sich Ginter bisher woanders holen, zumal er für die EM 2016 von Löw erst gar nicht berufen wurde. Dafür sorgte er bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro mit als Stammkraft für die Silbermedaille. Und als Dauerspieler feierte er ein Jahr später den Confed-Cup-Sieg.

Seit 2017 spielt Ginter für Borussia Mönchengladbach. Dieser Wechsel hat dem Ex-Dortmunder gut getan. In der Vorsaison absolvierte er in der Bundesliga die maximal möglichen 3060 Spielminuten – das sind alle 34 Partien von Beginn bis zum Schlusspfiff. Und auch in der aktuellen Spielzeit stand der 1,88 Meter große Defensivmann alle bisherigen acht Pflichtspiele für Gladbach komplett auf dem Platz – als Innenverteidiger. Löw plant ihn aber auf rechts hinten ein.

«Es gibt nicht so viele Unterschiede, ob man in der Innenverteidigung spielt halbrechts oder in der Dreierkette rechts oder der Viererkette ganz rechts», sagte Ginter dazu. Seine Rolle im DFB-Trikot beschreibt er so: «Im Endeffekt hat erst einmal die Defensive Priorität. Dann versuche ich immer wieder, offensiv Akzente zu setzen. Ich kenne die Position aus der Dortmunder Zeit noch. Ich finde, es ist eine super Position. Ich fühle mich sehr wohl da.» In den Nations-Cup-Partien in Amsterdam und Paris möchte sich Ginter aufs Neue beweisen. «Ob es dann Plan A ist», werde der Bundestrainer entscheiden.


(dpa)

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