Kuntz nach Finaleinzug: Erfahrung «das Wichtigste»

Bologna – Fragen an U21-Nationaltrainer Stefan Kuntz nach dem 4:2 (1:2) im EM-Halbfinale gegen Rumänien in Bologna und dem erneuten Einzug ins Endspiel:

Erst einmal Gratulation. Wir haben nach dem 1:1 gegen Österreich von einem Charaktertest gesprochen. Was war das heute?

Stefan Kuntz: Wir haben in der Halbzeit darüber gesprochen, ob wir uns als Mannschaft so von diesem Turnier verabschieden möchten. Wir waren zum ersten Mal in Rückstand gegen einen Gegner, der auf der Euphoriewelle schwamm, der die Unterstützung des Publikums hatte. Dann habe ich gesagt, das liegt jetzt an uns, ob wir sagen, dagegen wehren wir uns, diese Entwicklung nehmen wir auch noch mit, oder eben nicht.

So ein Turnier, diese Reise mit dieser Mannschaft, das ist schon emotional. Was ging da eben in Ihnen vor?

Kuntz: Das ist ja jetzt kein Geheimnis, dass mich mit den Jungs relativ viel verbindet. Generell bin ich ein emotionaler Mensch. Ich glaube auch, dass die Mannschaft diese Emotionalität gut gebrauchen kann. Das heißt ja nicht, dass wir dann immer nur Friede, Freude, Eierkuchen haben. Insgesamt hänge ich schon an denen und ich will einfach das Finale gewinnen.

Was war es, was Ihrer Mannschaft in der ersten Halbzeit so viele Schwierigkeiten gemacht hat?

Kuntz: Zuerst mal ein Kompliment an Rumänien, die waren klasse. Es war unser Kopf. Wir haben gedacht, es geht vielleicht doch mit ein paar Prozent weniger. Leider ist das auch noch bestätigt worden durch das 1:0 und danach haben wir es fast noch schlimmer gemacht. Da kam dann auch noch eine Form von Überheblichkeit mit dazu. Da haben wir dann in der Halbzeit drüber gesprochen.

Wer so ein Spiel gewinnt, der wird auch Europameister. Oder?

Kuntz: Das ist Käse. Das wird wieder ein komplett neues Spiel, da wartet eine neue Herausforderung auf uns. Jetzt müssen wir schauen, dass wir gut regenerieren. Jetzt haben wir Zeit, uns die nächsten Tage auf den Finalgegner einzustellen.

Wenn Luca Waldschmidt noch ein Tor schießt, ist er der Rekordtorschütze bei U21-Europameisterschaften. Was sagen Sie zu seiner Entwicklung?

Kuntz: Ich kann da keine Unterschiede machen zwischen den Spielern. Es ist schon toll. Wenn man überlegt, dass wir am Anfang gedacht haben, dass der Sturm vielleicht ein bisschen durchhängen könnte. Deswegen haben wir die Testspiele schon genutzt, um einen eigenen Spielstil zu entwickeln, der kommt uns zu Gute. Von daher freut mich das. Aber vorne der Torschütze ist genauso wichtig wie die Nummer drei im Tor.

Sie könnten zum zweiten Mal nacheinander Europameister werden. Wie wichtig wäre das für den deutschen Fußball und für diese Generation von Fußballern?

Kuntz: Ich denke, dass die Entwicklung für die Spieler das Wichtigste ist. Wenn man das Spiel heute sieht, das sind schon Erfahrungen, die man sonst schwer sammeln kann. Im Turniermodus, wo es im Halbfinale, in einem K.o.-System ums Finale geht, ich glaube, dass das extrem wichtig ist. Wir hätten auch eine Entwicklung mitnehmen können, wenn wir verloren hätten, aber wir hätten nicht gewusst, wie es sich anfühlt, über diesen Schritt hinwegzugehen. Das wissen wir jetzt.


(dpa)

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