Schalke nach Zittersieg: «Zehn Minuten wie zwei Stunden»

Gelsenkirchen – Die Spieler lagen sich freudestrahlend in den Armen, Domenico Tedesco herzte sein Trainerteam und atmete tief durch.

«Uns fallen schon einige Steine vom Herzen», kommentierte der Coach des FC Schalke 04 die kollektive Erleichterung nach dem ersten Saisonsieg in der Fußball-Bundesliga. «Wir brauchen Erfolgserlebnisse. Deswegen freue ich mich für die Mannschaft und die Fans.»

Besonders die Schlussphase beim 1:0 gegen den FSV Mainz 05 hatte nochmal kräftig am Nervenkostüm gezerrt, weil die Rheinhessen auf den Ausgleich drängten. «Die letzten zehn Minuten haben sich angefühlt wie zwei Stunden. Die Uhr ging nicht weiter», gestand Sportvorstand Christian Heidel nach dem «Zittersieg» gegen seinen Ex-Club.

Nach fünf Niederlagen war die Verunsicherung beim Vizemeister groß, die Angst vor der sechsten Pleite und dem schlechtesten Saisonstart der Clubgeschichte spürbar. Nach nervösem Beginn wirkte Alessandro Schöpfs Treffer in der 11. Minute vor 61.810 Fans in der Arena wie eine Erlösung. «Dass ich so treffe, ist schon ungewöhnlich. Eigentlich bin ich nicht gerade als Kopfballungeheuer bekannt», scherzte der Österreicher. Der größte Druck sei nun abgefallen. «Egal wie, in so einer Situation musst du einfach drei Punkte holen.»

Nach der Pleitenserie waren erste Zweifel aufgekommen, ob Tedesco auch als Krisenmanager taugt. Doch anders als in früheren Schalker Zeiten blieb das Umfeld ruhig. Fans, Spieler und Manager stärkten dem Coach den Rücken. Und Tedesco erwies sich als stressresistent. «Er war sehr ruhig und sachlich. Er hat uns bestens auf die Gegner vorbereitet», beschrieb Schöpf, wie der 33-Jährige mit dem Druck umgegangen sei. «In dem Alter, in so einer Situation so ruhig zu bleiben, ist schon bemerkenswert.»

Irgendjemand hatte vor dem Spiel auf jedem Sitz der Schalker Bank einen Glückscent platziert, und Tedesco konnte sich sogar über einen persönlichen Talisman freuen: «Ich habe auch einen Glücksbringer bekommen, einen kleinen Stofflöwen. Der war gegen Mainz dabei», berichtete der Coach, der die Aktion beispielhaft fand: «Was die Fans gemacht haben, war unglaublich.»

Die Königsblauen sind zuversichtlich, dass sie sich nun Stück für Stück aus der Krise heraus arbeiten. Immerhin ist der Glaube an die eigene Stärke vor dem Champions-League-Spiel am Mittwoch bei Lokomotive Moskau gewachsen. Heidel warnte jedoch davor, es als «Automatismus» zu begreifen, dass das spielerisch verbesserte Team nun auch die nächsten Partien gewinnt. «Aber wir haben jetzt dieses „Wir haben noch keinen Sieg“ im Kopf weg. Das ist schon mal wichtig. Wir fliegen jetzt nach Moskau und es wäre schön, wenn wir von dort ein Erfolgserlebnis mit nach Düsseldorf nehmen.»

Tedesco war mit der erneuten Verbannung von Naldo auf die Bank hohes Risiko eingegangen. Schließlich galt der 36 Jahre alte und torgefährliche Innenverteidiger lange als unverzichtbar. Umso bemerkenswerter fand der Trainer, dass Naldo im obligatorischen Mannschaftskreis nach dem Schlusspfiff das Wort ergriff. «Ich wollte eigentlich noch ein bisschen länger sprechen. Naldo hat das dann fortgeführt. Das war schon sehr emotional, großer Sport


(dpa)

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