Tarnat über Ex-Club Man City: «Teilweise ein Spektakel»

Hannover – Der frühere Nationalspieler Michael Tarnat hat in seiner Karriere unter anderem für Bayern München und Manchester City gespielt.

Seit 2017 leitet er das Nachwuchsleistungszentrum von Hannover 96. Vor dem heutigen Champions-League-Achtelfinale zwischen Schalke 04 und Man City (21.00 Uhr/DAZN) spricht der 49-Jährige in einem dpa-Interview über seinen englischen Ex-Verein.

Ist Schalke 04 gegen Manchester City so chancenlos wie viele erwarten?

Michael Tarnat: Auf den ersten Blick ist Man City sicher ein übermächtiger Gegner. Das ist teilweise ein Spektakel, was die unter Pep Guardiola spielen. Man weiß bei seinen Teams aber auch: Wenn man hinten gut steht, konzentriert spielt und ein gutes Umschaltspiel hat, dann kriegt man auch Torchancen. Die muss man dann aber auch nutzen.

Halten Sie Man City für den aktuell stärksten Verein in England und damit auch für besser als die Bayern- und Dortmund-Gegner FC Liverpool und Tottenham Hotspur?

Tarnat: Liverpool hat bis jetzt eine herausragende Saison gespielt. Ich glaube aber, dass Manchester City auf Strecke gesehen den besten und den am breitesten aufgestellten Kader aller englischen Clubs hat.

Manchester City gehört einem Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi, hat seit 2014 mehr als 800 Millionen Euro in neue Spieler investiert und ist trotzdem seiner Historie nach eher ein Arbeiterclub wie Schalke 04. Wie passt das zusammen? Und vor allem: Wie kommen die Fans des Vereins damit klar?

Tarnat: Das stimmt. Mit Manchester City und Manchester United war es immer ungefähr so wie mit 1860 München und Bayern München. City war immer der Arbeiterclub, der innerhalb Manchesters mehr Fans und die größere Tradition hat. Ich selbst habe 2003 und 2004 für City gespielt. Der Scheich kam erst vier Jahre danach. Aber schon zu meiner Zeit hat sich die aktuelle Entwicklung der Premier League angedeutet: Schon damals floss viel Fernsehgeld in die Liga. Und damals übernahm auch Roman Abramowitsch den FC Chelsea. Dadurch hat sich Schritt für Schritt die Denke der Leute verändert. Dass jemand aus einem anderen Land oder aus einer anderen Kultur kommt und einen Verein übernimmt, war und ist für viele kein Problem.

In Deutschland ist das anders. Gerade bei ihrem aktuellen Arbeitgeber Hannover 96 tobt ein erbitterter Streit darüber, ob der Clubchef Martin Kind die Profigesellschaft übernehmen darf oder nicht? Wie ist Ihre Haltung zu diesem Thema?

Tarnat: Wir beschweren uns alle, dass die Bundesliga in Europa der Musik hinterherläuft. Also müssen wir uns auch überlegen, was wir dagegen tun können. Wollen wir ausschließlich Traditionen bewahren oder wollen wir wieder im Konzert der Großen mitspielen? Stand jetzt ist doch von den deutschen Vereinen nur Bayern München international konkurrenzfähig. Ich kann beide Seiten gut verstehen. Aber unter dem Strich bin ich eher für eine Öffnung. Denn selbst in diesem Fall bliebe es doch jedem Verein selbst überlassen, wie er damit umgeht.

Glauben Sie, dass Man City die Champions League gewinnt?

Tarnat: Ich hoffe zumindest, dass City die Premier League gewinnt, denn ich bin immer noch ein großer City-Fan. Ich denke auch, dass sie ein heißer Kandidat auf den Champions-League-Titel sind. Dieser Titel ist nur nicht planbar. Es ist in der Champions League schwer, zu sagen: Dieser oder jener Verein wird den Titel in den nächsten drei Jahren zweimal gewinnen. Spätestens ab dem Halbfinale spielen da so viele Faktoren wie die Tagesform oder die Verletzungsprobleme hinein.

ZUR PERSON: Der WM-Teilnehmer von 1998 war in seiner Karriere für fünf Vereine aktiv: MSV Duisburg, Karlsruher SC, Bayern München, Manchester City und Hannover 96. Nach seinem Karriereende arbeitete Tarnat als Jugendscout und Leiter der Nachwuchsabteilung für den FC Bayern. 2017 kehrte er in gleicher Funktion zu Hannover 96 zurück.


(dpa)

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