Tuchel und «teuflische Nudel» bringen Zidane in Bedrängnis

Paris – Die verletzten Megastars Kylian Mbappé und Neymar freuten sich auf der Tribüne 90 Minuten lang wie kleine Kinder, Trainer Thomas Tuchel umarmte und küsste seine Schützlinge nach dem Abpfiff ausgiebig und mit breitem Grinsen.

Mit dem dem 3:0-Erfolg von Paris Saint-Germain über Real Madrid zum Champions-League-Auftakt ist die Welt für den Deutschen nach dem Wechseltheater um Neymar und schwächeren Leistungen in der Ligue 1 wieder in Ordnung. «Das war eine komplette Leistung», sagte Tuchel bescheiden. Die Zeitung «L’Équipe» jubelte dafür überschwänglich. «Tanz mit den Engeln», stand auf Seite eins.

In Madrid ziehen derweil dunkle Wolken auf – vor allem für Trainer Zinedine Zidane. Der Franzose, der mit Real drei Mal in Serie den Königsklassen-Pokal holte, bereut es inzwischen möglicherweise, dass er sich im März zu einem Comeback überreden ließ. Der designierte «Retter» sei «auf dem Weg zur Hölle», so ein TV-Kommentator.

Die spanischen Medien gingen mit dem 47-Jährigen und den Profis um Toni Kroos hart ins Gericht. «Ohne Seele», titelte «AS». Das Konkurrenzblatt «Marca» sah im Prinzenpark ein «kollektives Desaster». Ein «Madrid aus Glas» sei zerlegt worden. Die Gäste hätten auch sechs Tore kassieren können. Das einstige Clubidol Zidane muss mehr denn je um Job und Ansehen bangen. «Sein Kredit ist nicht unbegrenzt», warnte «Marca». Es gebe auch harte «interne» Kritik.

Pedrag Mijatovic, der im Finale 1998 gegen Juventus das Siegtor erzielte und danach jahrelang Sportdirektor war und immer noch beste Beziehungen zur Chefetage der Königlichen unterhält, sagte im spanischen Fernsehen: «Ich glaube nicht, dass Zidane in der Lage ist, Lösungen zu finden.»

Der Trainer wollte nach dem Debakel nichts schönreden. «Wir waren nicht auf der Höhe. Sie waren uns in allen Bereichen überlegen.» Am meisten habe ihn «die fehlende Intensität gestört». Auf gut Deutsch: mangelhafter Einsatz. Da geben die spanischen Medien dem Coach recht. Vor allem im Fall von Kroos: «Er ist wieder bei einem großen Spiel untergetaucht. Beim Untergang der Weißen war er einer der Schlechtesten», bilanzierte «AS».

Die Statistik jagt den Madrileños Schrecken ein: Noch nie hat ein Club nach einer Auftaktpleite die Champions League gewonnen. Und: In Paris hat Real (bis auf zwei aberkannten Tore) nicht ein einziges Mal aufs Tor geschossen. Sieben Abschlussversuche gingen am Kasten vorbei. Das war Real zuletzt vor zehn Jahren und 578 Pflichtspielen passiert. «Das war einschlechtes Spiel, aber man muss kein Drama daraus machen. Wenn wir wieder so spielen, sind wir einfach dumm», sagte der Ex-Münchner James Rodríguez.

Und es kommt weiter knüppeldick für «Zizou», Kroos, James & Co. Am Sonntag muss der Tabellendritte zum zuletzt groß aufspielenden Tabellenführer FC Sevilla, und nach einem Heimspiel gegen Osasuna steht das Stadtderby bei Atlético Madrid auf dem Programm – gegen den man ein Sommer-Testspiel ja mit 3:7 verlor.

Kontrastprogramm an der Seine: «PSG facht die Flamme wieder an», titelte «Le Parisien». Bejubelt wurden vor allem Tuchel und Ángel Di María. Der 46 Jahre alte Deutsche habe mit seiner Taktik für das bisher beste Saisonspiel gesorgt, so «L’Équipe». Der Ex-Coach von Mainz 05 und Borussia Dortmund sagte dem Sender DAZN, er sei mit der Gesamtleistung zufrieden: «Es ist extrem wichtig, Ballbesitz zu haben, mutig zu spielen.»

Der Mann des Abends war aber die «Nudel». Di María, «Fideo» genannt, kochte seinen Ex-Club mit zwei Toren und vielen gelungenen Dribblings und Pässen praktisch im Alleingang ab. Er sei «teuflisch» gewesen, so «L’Équipe». Der 31 Jahre alte Argentinier nahm Revanche dafür, dass er in Madrid vor gut fünf Jahren nach einer sehr guten Leistung beim Königsklassen-Finale 2014 wegen des Einkaufs von Gareth Bale unschön hinauskomplimentiert worden war.


(dpa)

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