Zverev nach Sieg gegen Medwedew im Halbfinale – Nadal raus

London – Nervenstark und ohne Mitleid mit der Nummer eins der Tennis-Welt: Ein Jahr nach dem bislang größten Titel seiner Karriere hat Alexander Zverev wieder das Halbfinale der ATP-WM erreicht.

Beim Saisonabschluss der besten acht Spieler des Jahres behauptete sich der 22 Jahre alte Hamburger im entscheidenden Gruppenspiel gegen den Russen Daniil Medwedew mit 6:4, 7:6 (7:4) und warf damit auch den tatenlos zusehenden Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal aus dem Turnier.

«Ich bin im Halbfinale, das ist das Wichtigste. Es war nicht einfach: Er hatte nichts zu verlieren, für mich war es ein Must-Win-Spiel», sagte Zverev im Siegerinterview auf dem Platz und blickte auf den Kampf um das Endspiel am Samstagabend (21.00 Uhr): «Es wird nicht einfacher, ich muss mein bestes Tennis spielen, um weiterzukommen.»

Der Norddeutsche trifft nun auf den Österreicher Dominic Thiem. Das erste Halbfinale (15.00 Uhr/alle Spiele Sky) bestreiten der Grieche Stefanos Tsitsipas und der sechsmalige Turnier-Champion Roger Federer aus der Schweiz. Im direkten Vergleich mit Thiem liegt Zverev 2:5 hinten, das bis dato letzte Duell verlor er 2018 im Viertelfinale der French Open.

«Ich weiß noch nicht, ob ich mir das Match anschauen werde. Eigentlich esse ich um diese Zeit zu Abend, und ich muss mich ja auch so vorbereiten, als würde ich am Samstagnachmittag wieder spielen», hatte Nadal nach seinem nervenaufreibenden 6:7 (4:7), 6:4, 7:5-Erfolg gegen Tsitsipas gesagt. Die einzigartige Turnierkonstellation mit den Gruppenspielen bescherte an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Endspiel-Szenarien. Am Donnerstag zog Federer durch seinen Sieg gegen Novak Djokovic in das Halbfinale ein und warf den Serben raus.

Am Freitag leistete Nadal zumindest seinen Beitrag und hielt sich die Chance auf ein Weiterkommen offen. Der russische Shootingstar Medwedew, in den vergangenen Wochen der konstanteste und dominanteste Spieler auf der Tour, ging ohne jegliche Aussicht auf das Halbfinale in das Match gegen Zverev – und schien anfangs auch so zu spielen.

Gleich im ersten Spiel nahm Zverev seinem Gegenüber auf der anderen Seite des Netzes den Aufschlag ab, führte schnell 3:0 und entschied nach 33 Minuten den ersten Satz für sich. Das Abendprogramm war diesmal von eher mäßigem Unterhaltungswert. Den längsten Szenenapplaus erntete ein Linienrichter, der bei einem Aufschlag Medwedews neben die Linie erst «Out» rief und dann in einer blitzschnellen Reaktion den Arm ausfuhr und den Ball auffing.

Fünfmal standen sich Zverev und Medwedew bereits gegenüber, viermal hieß der Sieger Zverev. Das jüngste Aufeinandertreffen im Endspiel von Shanghai vor gut einem Monat jedoch hatte Zverev so eindeutig verloren, dass er trotz der ausweglosen Situation für Medwedew nicht zwingend als Favorit galt. Doch ohne wirklich spielerisch zu glänzen, reichte Zverev ein unaufgeregter und solider Auftritt zum Sieg.

Einen Tag nach der Niederlage Djokovics gegen einen traumwandlerisch aufspielenden Federer bekamen die 17.800 Zuschauer in der Londoner O2-Arena im ersten Einzel am Nachmittag deutlich mehr Spektakel geboten. Wie schon bei seiner herkulischen Tat gegen Medwedew, als Nadal einen 1:5-Rückstand im dritten Durchgang aufholte und einen Matchball abwehrte, verlor er auch gegen Tsitsipas den ersten Satz im Tiebreak. Doch erneut zeigte Nadal Kämpferqualitäten. «Ich habe meine Arbeit erledigt», sagte er. Seine Hoffnung auf einen Sieg Medwedews gegen Zverev aber erfüllte sich am Abend nicht.

Unerfreulich lief der Tag für die French-Open-Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies, die das Halbfinale verpassten. Das deutsche Doppel verlor gegen die an Nummer eins gesetzten Kolumbianer Juan Sebastian Cabal und Robert Farah 6:7 (7:9), 2:6 und verabschiedete sich in Richtung Madrid, wo in der kommenden Woche der Davis Cup ansteht.


(dpa)

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