Diskriminierung bei der Wohnungssuche stark verbreitet

Augsburg – Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund beklagen sich häufig über pauschale Ausgrenzungen bei der Wohnungssuche. Über einen Fall, bei dem der Vermieter schon mit seinem Inserat Nicht-Deutsche diskriminiert hat, hat nun das Amtsgericht Augsburg entschieden.

Der Wohnungseigentümer muss nun 1000 Euro Entschädigung an einen aus Burkina Faso stammenden Interessenten zahlen. Außerdem darf der Mann nicht noch einmal ein Inserat mit einer Formulierung aufgeben, wonach er nur «an Deutsche» vermiete. Ansonsten droht ihm ein hohes Ordnungsgeld. Nach Angaben von Betroffenen kommt vergleichbare Diskriminierung oft vor, ist aber meistens nicht so leicht zu beweisen.

– Der aktuelle Fall: Der Mietinteressent, der von München nach Augsburg umziehen wollte, hatte in dem Prozess berichtet, dass bereits das erste Telefonat von dem Vermieter beendet wurde, als klar war, dass er einen Migrationshintergrund habe. Der Wohnungseigentümer hatte eingeräumt, dass er nur an deutsche Staatsangehörige vermieten wolle. Der 81-Jährige begründete dies damit, dass er in seinem Haus einmal Ärger mit einem angeblich türkischen Drogendealer gehabt habe. «Diese offene Benachteiligung von Ausländern ist schlichtweg nicht hinnehmbar», sagte Richter Andreas Roth im Urteil. Die Begründung des Vermieters ließ er nicht gelten: «Verbrechen und Vergehen werden von Menschen begangen, nicht von Staatsangehörigen.» (Az: 20 C 2566/19)

– Die rechtliche Grundlage: Das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzverbietet solche Diskriminierung. «Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen», heißt es im ersten Paragrafen des Gesetzes.

– Wie oft Ausgrenzung stattfindet: Nach Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes haben schon viele Migranten Ausgrenzung auf dem umkämpften Mietmarkt erlebt. Fast 70 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund fühlten sich bei der Wohnungssuche diskriminiert. Im Jahr 2015 hatte die Bundeseinrichtung eine entsprechende Studie zu dem Thema veröffentlicht.

«Rassistische Diskriminierung am Wohnungsmarkt findet auch unter den besten Voraussetzungen statt», lautete das Fazit. Selbst finanziell gut aufstellte Bewerber ohne deutschen Pass würden benachteiligt. Auch Religion spiele eine große Rolle, muslimische und jüdische Bewerber hätten es deutlich schwerer als Christen. «Mit Kopftuch keine Wohnung», hieß es dazu in der Untersuchung.

Doch ein Fall für die Gerichte wird solche Alltags-Diskriminierung selten. Denn anders als im Augsburger Fall wird meist nicht schon in der Anzeige ausgegrenzt. Eine Benachteiligung bei der Vermietung tatsächlich nachzuweisen sei letztlich sehr schwer, betont die Antidiskriminierungsstelle daher. «Entscheidungsprozesse bei der Wohnungsvergabe bleiben den Bewerberinnen und Bewerbern meist verborgen.» Dennoch landen immer wieder Fälle vor den Richtern.

– Kein Besichtigungstermin: Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hatte 2017 eine Immobiliengesellschaft verurteilt, weil eine Interessentin mit türkisch klingendem Namen keinen Termin für eine Wohnungsbesichtigung erhielt. Auch hier wurden rund 1000 Euro Entschädigung für die Frau festgelegt.

– Die besondere Mieterhöhung: Ein Berliner Amtsgericht
verurteilte vor fünf Jahren einen Vermieter zu einer besonders saftigen Entschädigung. 30.000 Euro sollte der Wohnungseigentümer an zwei Mieter türkischer Herkunft zahlen, weil er nur den türkischen und arabischen Familien im Haus eine Mieterhöhung zugeschickt hatte. Bei den Kreuzberger Mietern habe der Beklagte gegen das «Verbot der Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft» verstoßen, befand das Gericht.

– Nicht nur Ausländer betroffen: Das Kölner Landgericht
verurteilte2015 einen Mann, der sich geweigert hatte, seine Villa an ein homosexuelles Paar zu vermieten, zu 1700 Euro Entschädigung. Auch «eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität», sei verboten, befanden die Richter.


(dpa)

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