Morbide «Momo» gruselt virtuell und viral

Düsseldorf – Sie hat Vogelfüße wie eine Krähe und ein fratzenhaftes Gesicht. Die Momo, die heute in Kinderzimmern ihr Unwesen treibt, hat mit Michael Endes literarischer Figur von 1973 nichts zu tun. Die Momo, vor der schon mehrere Polizeidienstellen gewarnt haben, entspringt einem modernen Kettenbrief 2.0 und ist ein virtuelles wie virales Schreckgespenst, das es auf zarte Kinderseelen abgesehen hat.

«Es machen sich Menschen diese Momo-Figur zunutze, um andere in Angst und Schrecken zu versetzen», sagt Kristin Langer, Mediencoach der Initiative «Schau hin!». «Eltern sollten hellhörig werden, wenn sie von ihren Kindern das Wort «Momo» hören. Der Kinderzimmerschreck hat in kürzester Zeit eine unheimliche Reichweite erreicht.»

Morbides Comic-Mädchen mit großen Augen

Die Momo von heute ist ein morbides Comic-Mädchen mit großen Augen, großem Mund und zerzaustem Haar. Sie verbreitet sich viral mit der Drohung, das etwas Schreckliches passiert, wenn man ihre böse Botschaft nicht weiterleitet.

«Die erste Welle war im Sommer 2018. Inzwischen gibt es offenbar eine zweite und dritte Welle», berichtet Mediencoach Langer. Bei Kindern könnten die Drohungen, dass Momo nachts an ihrem Bett erscheine, oder Familienangehörige sterben, Angstzustände, Unsicherheit und Schlafstörungen auslösen.

Die Jugendschutz-Initiativen «Schau hin!», «klicksafe.de» sowie das Faktencheckportal «mimikama.at» haben den Grusel, der 2018 plötzlich begann und seither immer wieder aufflammt, längst als simple Kettenbrief-Masche entlarvt.

Panische Eltern heizen Gerüchteküche an

Bei Internet-Berichten über eine Momo-Challenge, die bereits Suizide verursacht haben soll, handele es sich dagegen um Gerüchte ohne Substanz, so das Faktencheckportal «Snopes». Offenbar haben panische Eltern erheblich dazu beigetragen, die Gerüchteküche anzuheizen.

Die Polizei in Göttingen wies darauf hin, dass der Momo-Grusel nicht auf WhatsApp beschränkt ist, sondern auch in Chats wie dem des Online-Spiels «MovieStarPlanet» kursiert.

Die Polizei in Wilhelmshaven stufte das Momo-Phänomen als eine Form des Cyber-Mobbings ein: So würden die Momo-Drohungen auch nachträglich mitten in beliebte Kindervideos eingebaut und auf Youtube verbreitet. Die ursprünglichen Urheber der Filme hätten damit aber nichts zu tun. Solche Inhalte sollten der Plattform gemeldet werden, damit sie gesperrt werden.

Hilfe, mein Kind bekommt gruselige Kettenbriefe aufs Handy!

Berlin – Kettenbriefe mit Gruselfiguren, die über Whatsapp verschickt werden, geistern immer wieder herum – und erschrecken Kinder. So wird etwa bei Nachrichten eines Whatsapp-Kontakts namens «Momo» gedroht, dass dem Angeschriebenen schlimme Dinge widerfahren, wenn er die Briefe nicht weiterleitet. Wie können Eltern die Kinder davor schützen?

Man sollte sich nur mal in die Kinder hineinversetzen, schlägt Kristin Langer vor. Sie ist Mediencoach der Initiative «Schau hin! Was Dein Kind mit Medien macht». Das Kind freut sich, denkt «Toll, ich habe eine Nachricht bekommen». Es öffnet euphorisch die Nachricht, und es springt ihm ein Foto oder ein Video einer Figur entgegen, der die Augen aus dem Kopf hervorquellen. «Da steckt Heranwachsenden schnell der Schreck in den Gliedern.»

Kinder glauben an Drohungen

Kämen noch Drohungen dazu für den Fall, dass man den Kettenbrief nicht weiterschickt, können Kinder zwischen sechs und zehn Jahren leicht daran glauben. Oft trauen sie sich dann nicht, sich jemandem anzuvertrauen. «Das Kind denkt, es hat etwas falsch gemacht», erklärt Langer. Würde es sich den Eltern anvertrauen, könnten sie das Smartphone wegnehmen. «Oder die Kinder trauen sich aus Angst vor den Drohungen nicht, die Message zu löschen.»

Dabei wäre löschen und sich jemanden anzuvertrauen das einzig Richtige. So könnten Eltern beruhigen, etwa indem sie sagen: «Gruselfiguren sind nur ausgedachte Fantasiefiguren.» Und indem sie noch einmal die Regeln durchgehen: Nichts öffnen von Absendern, die man nicht kennt! Kettenbriefe nicht einfach weiterleiten! Filme nicht aufmachen!

Kindern Brücken bauen

An die Eltern gerichtet rät Langer, betroffenen Kindern Brücken zu bauen: «Erzähl‘, was dir passiert ist. Du bekommst deshalb nicht dein Smartphone weggenommen.» Wenn Nachrichten von unbekannten Nummern eingetroffen sind, diese sofort in den Einstellungen blockieren.

Eltern sollten zudem überlegen, ob ihr Kind nicht noch zu jung für Whatsapp ist. Es gibt auch noch andere Messenger wie Threema, Signal oder Wire, wo die eigene Rufnummer nicht bei anderen erscheint oder nicht die komplette Telefonliste auslesen wird. Dadurch können sich Kettenbriefe dort nicht oder nicht so leicht verbreiten.


(dpa/tmn)
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