Nackte Bäuche und Plateauschuhe – Das Comeback der 90er

Köln (dpa/tmn) – Wer dieser Tage einen Einkaufsbummel macht, dürfte sich fühlen wie in einer Zeitmaschine. Egal ob Bomberjacken, Plateauschuhe oder bauchfreie Oberteile – bei der Kleidung geht es gerade in ein Jahrzehnt zurück, an das so mancher modisch lieber nicht erinnert werden möchte: die 90er.

«Das sind Versatzstücke einer vermeintlich vergangenen Freiheit, Freizügigkeit, Exzentrik und Extrovertiertheit», sagt der Geschäftsführer des Deutschen Mode-Instituts (DMI), Gerd Müller-Thomkins. Die Fummel von damals könne man allerdings nicht so einfach aus dem Schrank hervorkramen: «Die Produkte kommen in anderen Materialien, anderen Farben und auch anderen Schnitten daher.»

Ein Beispiel ist die Bomberjacke. «Die Bomberjacke kommt ganz stark und bleibt auch ganz stark», hat der Diplom-Designer Robert Herzog von der Staatlichen Modeschule in Stuttgart beobachtet. Aber: «Die Bomberjacke von damals ist viel zu maskulin.» Heute ist sie weniger bullig geschnitten, liegt enger an.

Gleiches gelte für den wieder aufgeflammten Trend zu bauchfreien Oberteilen, den «Crop Tops», was soviel bedeutet wie abgeschnittene Oberteile. So sei das kurze Sporttop, das Hipster heute auch außerhalb des Fitnessstudios tragen, «eine Referenz an die 90er», sagt Herzog.

Auf der Berliner Fashion Week war ein solches Top jüngst sogar in einer Winterkollektion zu sehen. Aber auch hier hat sich Fachleuten zufolge etwas geändert: «Der Schnitt ist weiter geworden», erklärt Herzog. In den 90ern seien Hose und bauchfreies Oberteil eng gewesen. «Heute hat man weite Hose, weites Oberteil und schmale Taille. Das sieht dann auch gut aus.»

Aber woran denken wir bei den 90ern mit echtem Grauen zurück? Genau: klobige Plateauschuhe. Selbst Popstars wie die Spice Girls und Blümchen liefen damals mit Tretern herum, deren Sohle aussah wie eine Art Brikett. Der Fachmann gibt Entwarnung: «Die Plateausohle wird heute nicht mehr so turnschuhlastig gedacht.» Inzwischen komme der Absatz auch an eleganten Schnürschuhen oder Stiefeletten vor.

«Der Mythos will in die Jetzt-Zeit transportiert werden», erklärt DMI-Fachmann Müller-Thomkins. Deutlich werde das an der Schlaghose, die zwar schon in den 70ern Trend, in den 90ern allerdings mit extra-breitem Schlag in Mode war. «Die klassische Schlaghose hat aus dem Grund ein Problem, weil wir alle Schuhfetischisten geworden sind», sagt Müller-Thomkins. Abhilfe schaffen «Hochwasser-Schlaghosen», in der Modewelt auch als «Cropped Flare» bezeichnet. Die Hosen seien nun kürzer, damit man die Schuhe sehe, erklärt Müller-Thomkins. «Da hat man wieder den Gegenwartsbezug.»

Wer sich dafür gar nicht begeistern kann, hat modisch aber noch Alternativen: Die Latzhose zum Beispiel wird von Designern derzeit ebenfalls neu interpretiert. Bei der Fashion Week in Berlin waren bei den Kollektionen für den kommenden Winter zum Beispiel Latzhosenkleider zu sehen.

Aber warum kommen die 90er eigentlich gerade jetzt zurück? «Eine Generation ist vergangen», sagt Experte Herzog. «Man hat jetzt den nötigen Abstand.» Und wohin mit den Original-Teilen? Na gut, nicht alles ist ein Fall für den Kleidersack. Der Overall etwa feiert ebenfalls sein Comeback. Den könnte man zumindest nach Einschätzung des Mode-Instituts unter Umständen doch noch in der Original-Version anziehen. Wer das nicht möchte, greift zu den modernen Varianten in zarten Stoffen und verziert mit Pailletten.

Und ein paar Sinnbilder der 90er sind so zeitlos, dass sie ihre Form tatsächlich gar nicht geändert haben. Die rebellischen Punkboots, eigentlich schon aus früheren Jahrzehnten, aber in den 90ern sehr verbreitet, sehen den Experten zufolge heute noch so aus wie damals. Gleiches dürfte für Scrunchies gelten, also geraffte Stoffhaarbänder, die nun wieder die Haare zusammenhalten.

Apropos Haarband: Das braucht es auch für einen anderen 90er-Trend, der gerade ein Comeback erlebt – der Männerzopf. Der «Man Bun», der Männerdutt, ist nun schon länger im Gespräch. Bei jungen Kunststudenten scheint man jetzt aber einen Schritt weiter zu gehen – oder zurück, je nach Blickwinkel: Sie tragen statt Dutt wieder einen Pferdeschwanz. Eine «Zeit»-Kolumnistin sagte kürzlich voraus: «Das Haar 2016 wird sich, wie auch die restliche Mode, irgendwo in der Zeit zwischen 1989 und 1991 einpendeln.»

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(dpa)