Biathlon-Weltcup in Russland zwischen Boykott und Protest

Tjumen – Das Weltcupfinale im russischen Tjumen spaltet die Biathlon-Welt. Während einige Nationen die Veranstaltung boykottieren, sind die Deutschen um die Olympiasieger Laura Dahlmeier und Arnd Peiffer dabei.

Auch Olympiasieger Peiffer dachte an einen Boykott des umstrittenen Weltcup-Finals. Doch während die Biathleten aus den USA, Kanada, Tschechien und der Ukraine aus Protest wegen des weiterhin schwelenden Dopingskandals ab Donnerstag tatsächlich fehlen, entschied sich die deutsche Mannschaft gezwungenermaßen zu einem Start. In einem gemeinsam Brief an den Weltverband IBU hatten die DSV-Skijäger zuvor jedoch deutlich gemacht, dass auch sie gegen die Veranstaltung sind. Es half nichts.

«Wir haben uns als Team positioniert. Wir finden, dass es zu früh dafür ist», sagte Peiffer der Deutschen Presse-Agentur. Auch Doppel-Olympiasiegerin Dahlmeier meint: «Wir befürworten es nicht unbedingt, jetzt nach Russland zu reisen.» Bis zu 40 weitere Athleten teilen in Briefen an die IBU diese Meinung. Doch der Verband entschied im Februar trotzdem, dass die Skijäger nach Russland zurückkehren. Im Vorjahr war den Russen nach der Staatsdoping-Affäre um die Winterspiele 2014 in Sotschi noch die WM 2021 sowie der damalige Weltcup in Tjumen entzogen worden.

Dass dies nicht erneut geschah, sorgt für Entrüstung. «Die IBU hat die Wünsche der Athleten einmal mehr ignoriert und es verpasst, den sauberen Sport zu verteidigen», sagte Athletensprecher Lowell Bailey, der eine neue Verbandsführung fordert. Der Einzel-Weltmeister aus den USA beendete seiner Karriere am Sonntag lieber in Oslo, als nach Tjumen zu reisen. Auch Schwedens Staffel-Olympiasieger Sebastian Samuelsson wird fehlen. «Es geht mir gar nicht um Russland, aber wenn es in einem Land keine funktionierende Anti-Doping-Agentur gibt, dann sollte man da keine internationalen Wettkämpfe haben», sagte er.

Die korrekte Handhabe mit den Dopingproben der internationalen Skijäger ist auch die große Sorge von Erik Lesser. «Ich weiß nicht, wie man die Proben ordnungsgemäß von Tjumen in ein zugelassenes Labor bringt», sagte der zweimalige Weltmeister der Münchner Tageszeitung «tz». «Kommen in Tjumen Mitarbeiter der Internationalen Anti-Doping-Agentur WADA und führen Proben im Handgepäck mit?»

Viele Athleten sind sauer, dass sie überhaupt vor eine Entscheidung gestellt wurden. «Eigentlich muss es von der IBU kommen, dass man die letzten Rennen dort nicht macht», sagte Massenstart-Weltmeister Simon Schempp: «Ich finde es nicht gut, wenn wir Sportler da Zeichen setzen müssen.» Die Athleten seien in einer schwierigen Situation, sagte auch Peiffer. «Ich schinde mich das ganze Jahr. Wenn ich auf Rennen verzichte, schneide ich mir ins eigene Fleisch», sagte der Harzer.

Selbst Martin Fourcade sieht das so. Der Franzose kann am Wochenende zum siebten Mal in Serie den Gesamtweltcup gewinnen. «Ich werde in Tjumen dabei sein, weil ich es muss», sagte der fünfmalige Olympiasieger. Ansonsten würde er die große Kristallkugel an den Norweger Johannes Thingnes Bö herschenken. Bö und seinen Landsleuten wurde es ebenso wie den Deutschen freigestellt, nach Russland zu reisen. Alle Top-Athleten werden dabei sein, Druck habe es nicht gegeben.

An der IBU prallt jegliche Kritik ab. Die Entscheidung des Vorstandes für Tjumen sei «mit demokratischer Mehrheit getroffen worden», sagte Generalsekretärin Nicole Resch der dpa. Auch der deutsche Vertreter Thomas Pfüller stimmte dafür.

Zum Auftakt steht am Donnerstag (14.45 Uhr) der Sprint der Männer an. Bis Sonntag folgen nach dem Sprint der Frauen mit Dahlmeier am Freitag noch jeweils Verfolgung und Massenstart.


(dpa)

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