Blatters brisanter WM-Besuch wird für FIFA zum Balanceakt

Moskau – Mit seiner Vorliebe für Lionel Messi verärgerte Joseph Blatter in seiner Amtszeit als FIFA-Präsident Cristiano Ronaldo einmal bis aufs Äußerste.

Für den brisanten WM-Besuch auf Einladung von Kremlchef Wladimir Putin wählte der Ex-Chef des Fußball-Weltverbands nun dennoch den nächsten Auftritt des Superstars von Real Madrid. Wenn Ronaldo am Mittwoch zum Duell mit Marokko den Rasen des Moskauer Luschniki-Stadions betritt, wird auch der 82 Jahre alte Schweizer in seinem Ehrensitz auf der Tribüne im Fokus der Kameras stehen.

Mit einem Aeroflot-Flieger schwebte Blatter aus seiner Züricher Heimat in der russischen Hauptstadt ein. Nach seiner Ankunft in einem Moskauer Luxushotel posierte er bereitwillig mit ein paar Fußball-Fans für Selfies.

Auch wenn sich die FIFA entspannt gibt, wird die Kurzvisite des ehemaligen Präsidenten für Gianni Infantino zum sportpolitischen Balanceakt. Jedes Wort des Nachfolgers über seinen Vorgänger würde den Fokus noch mehr auf Blatter richten, alles darf sich dieser allerdings in Russland auch nicht erlauben.

Eigentlich ist Blatter angesichts seiner Sechs-Jahres-Sperre, die noch bis 2021 läuft, im FIFA-Kosmos nicht mehr erwünscht. Als Gast von Putin ist er in Russland natürlich willkommen, muss aber in der Rolle der Privatperson bleiben, um keinen weiteren Ärger zu bekommen.

Die FIFA wollte die Reisepläne bislang nicht kommentieren. Es sei eine «Ehre», dass ihn Putin zur WM bitte, berichtete Blatter selbst schon vor einigen Monaten stolz in seiner Züricher Wahl-Heimat.

Ob der Schweizer bei seinem WM-Besuch auf Putin trifft, ist unklar. Der russische Präsident ist derzeit in Weißrussland und nach Angaben des Kreml in den Tagen darauf so eingespannt, dass die Arbeit den Besuch weiterer WM-Spiele erschwert.

Blatter muss sich an einige Regeln halten, auch wenn ein Tribünenbesuch nach bisheriger Interpretation der FIFA-Statuten nicht untersagt ist. Er dürfte dabei voraussichtlich das gleiche Recht wie der ebenfalls verbannte Michel Platini erhalten. Die FIFA-Ethiker hatten dem Franzosen eine Erlaubnis für den Besuch von EM-Spiele 2016 erteilt, solange er dabei nicht in offizieller Funktion erscheine. Letztendlich verzichtete Platini jedoch.

Blatter hingegen lässt sich die große Bühne nicht nehmen. Er ziehe Messi dem Rivalen Ronaldo vor, hatte Blatter vor fünf Jahren einmal bekannt und sich anschließend auch für einen spöttischen Kommentar über die Frisur des Portugiesen entschuldigt. Nun bietet sich womöglich erneut die Chance zur Aussöhnung.


(dpa)

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