DFB-Ethik-Kommission berät über Tönnies – Kritik von Gauck

Frankfurt/Gelsenkirchen – Zwei Wochen nach den Äußerungen des Schalker Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies über Afrikaner beschäftigt sich die Ethik-Kommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit dem Fall.

Das aus vier Mitgliedern bestehende Gremium kommt am Donnerstag (10.30 Uhr) in Frankfurt/Main zusammen, um sich mit den Aussagen des 63 Jahre alten Fleischfabrikanten und den möglichen Auswirkungen zu beschäftigen. Eine Erklärung kündigte der Kommissionsvorsitzende Nikolaus Schneider für Donnerstagnachmittag an. Dem Vernehmen nach will die Kommission Tönnies zuvor anhören.

Neben Schneider, dem ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, gehören Rechtsanwalt Bernd Knobloch, Rechtsanwältin Anja Martin und Betrugsermittlerin Birgit Galley dem unabhängigen Gremium an, das beim DFB-Bundestag 2016 in Erfurt gegründet wurde. Es soll in allen Fällen, «die der Integrität und dem Ansehen des DFB und seiner Mitgliedsverbände schaden, insbesondere bei illegalen und unethischen Verhaltensweisen, Ermittlungen aufnehmen», heißt es auf der DFB-Homepage. Die Ethik-Kommission ist berechtigt, Untersuchungen einzuleiten und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage bei der Ethik-Kammer des Sportgerichts einzureichen.

Tönnies hatte als Festredner beim «Tag des Handwerks» in Paderborn Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert. Stattdessen solle man lieber jährlich 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren, so Tönnies. «Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.» Für seinen Aussagen hatte er sich später entschuldigt und sie selbst als «töricht» bezeichnet.

Gleichwohl waren die Tönnies-Aussagen danach bundesweit diskutiert worden. Deutliche Worte fand am Mittwochabend der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck. Er würde das «niemals akzeptieren, was er sagt, weil es mir zu rassistisch klingt», sagte der 79-Jährige in der ARD-Talkshow «maischberger. die woche». «Aber so lange der Mann noch zuhört und Argumenten zugänglich ist oder sich sogar entschuldigt, würde ich mit ihm kämpfen und streiten.»

Einige Vertreter aus Gesellschaft, Politik und Sport hatten schon zuvor die Aussagen ebenfalls als «rassistisch» bewertet und den Schalker Clubchef zum Rücktritt aufgefordert. Tönnies gehört dem Aufsichtsrat seit 1994 an und ist seit 2001 dessen Vorsitzender.

Andere, darunter vor allem Trainer und Funktionäre aus der Bundesliga, plädierten für einen milderen Umgang mit Tönnies, der zuvor öffentlich nicht durch ähnliche Äußerungen aufgefallen war. Ihr Motto: Jeder hat eine zweite Chance verdient, wenn er sein Fehlverhalten eingesteht, ehrliche Reue zeigt und sich entschuldigt.

Die ersten Konsequenz zog der Schalker Ehrenrat in der vergangenen Woche nach Anhörung des Betroffenen. Das Ergebnis klang wie ein Kompromiss: Tönnies lässt sein Amt im Aufsichtsrat des Revierclubs für drei Monate ruhen. Rassismus-Vorwürfe gegen Tönnies stufte der Ehrenrat als «unbegründet» ein. Allerdings habe der Unternehmer «gegen das in der Vereinssatzung und im Leitbild verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen», erläuterte der Ehrenrat.

Ute Groth, die sich um die DFB-Präsidentschaft bewirbt, hoffte vor der Sitzung der Ethik-Kommission auf eine härtere Sanktionierung. «Das ist mir mit drei Monaten selbstgewählter Auszeit zu wenig. Da muss ein deutliches Zeichen kommen, was Rassismus angeht, sonst werden wir das Thema nie los», sagte die 60-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.

Fan-Forscher Gunter Pilz hält den Umgang mit Tönnies auf Schalke für «ein buchstäblich fatales Zeichen». Wie der Ehrenrat mit ihm umgegangenen sei, widerspreche den Idealen, die der Verein und seine Fans für sich reklamieren. «Ich kann und darf nach Aussagen, wie sie Clemens Tönnies getätigt hat, nicht zur Tagesordnung übergehen», sagte Pilz dem Reutlinger «General-Anzeiger». Die Beurteilung der Ethik-Kommission des DFB habe nun eine «Signalfunktion».


(dpa)

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