«Dumme Rote Karten»: Union zahlt Lehrgeld

Leverkusen (dpa) – Vielleicht ist der 1. FC Union Berlin doch noch ein bisschen zu grün für die Bundesliga – vor allem aber auch ein bisschen zu rot.

Zwar steht der Neuling nach dem 5. Spieltag der Fußball-Bundesliga nicht auf einem Abstiegsplatz und sogar ein Tor vor Stadtrivale Hertha – dennoch zahlten die Eisernen zuletzt kräftig Lehrgeld. Drei Platzverweise und drei Niederlagen sind bereits verzeichnet – im Moment halten nur die Schwäche der Konkurrenz und das furiose 3:1 gegen Borussia Dortmund die Berliner über Wasser.

Vor allem die ständigen Platzverweise gefährden die ohnehin schwierige Mission Klassenerhalt erheblich. In Leverkusen sah Sebastian Polter nach einem einzigen Ballkontakt und 151 Sekunden Spielzeit inklusive Videobeweis Rot. «Das sind dumme Rote Karten», sagte Trainer Urs Fischer: «Damit schwächst du dich selbst. Und das darf in dieser Häufigkeit nicht passieren. Wenn wir unser Ziel erreichen wollen, müssen wir aus solchen Situationen lernen.» Und Mittelfeldspieler Robert Andrich erklärte: «Keine Mannschaft kann es sich leisten, ständig in Unterzahl zu spielen. Ich weiß nicht, ob das dumm ist oder woran es liegt.»

Polters Auftritt in der Interview-Zone war sogar noch deutlich kürzer als der auf dem Spielfeld. Ein kurzes Brummeln, ein entschuldigendes Armzucken, dann schlich der Stürmer wortlos und mit gesenktem Kopf davon. Bösartigkeit unterstellte ihm nachher niemand, auch wenn der Tritt auf Julian Baumgartlingers Achillessehne wüst aussah. «Ich unterstelle ihm keine Absicht», versicherte Baumgartlinger, der mit Polter in Mainz zusammenspielte. Auch Fischer bewertete es als «Übereifer».

Doch war der Platzverweis bei weitem nicht der einzige Grund für Unions erste Niederlage im zweiten Bundesliga-Auswärtsspiel. Schließlich hatte Union durch die Tore von Kevin Volland (20.) und Lucas Alario (25.) da schon 0:2 zurückgelegen. Und hatte über 90 Minuten keine wirkliche Torchance. «Das war ein enttäuschender Auftritt von uns», analysierte Fischer: «Das ist schlussendlich nicht ausreichend.»

Die schwache Leistung sei Kopfsache, meinte Torhüter Rafal Gikiewicz, der in der Schlussphase mehrfach eine höhere Niederlage verhinderte. «Mit einer Mentalität wie gegen Dortmund verlierst du hier nicht», sagte der Pole: «Aber wir sind keine Maschinen.» Um Siege in der Bundesliga zu feiern, wird Union ständig über das Limit gehen müssen. Und das geht nicht von Woche zu Woche. 

In Leverkusen vermochten nicht einmal die rund 4000 Fans mit ihrem lautstarken Gesang bis deutlich nach Schlusspfiff diese Sonder-Motivation herauszukitzeln. Das Auftreten sei «untypisch für Union», analysierte Routinier Christian Gentner: «Wir haben keinen Zugriff bekommen, die notwendige Aggressivität vermissen lassen und konnten das dann auch nicht mehr korrigieren.»

Und als die Aggressivität kam war es ein Stück zu viel im falschen Moment. Diese Balance wird Union finden müssen, sonst wird die Bundesliga am Ende doch zum einjährigen Abenteuer.

(dpa)