Erfurter Arzt Mark S. gibt Komplizen preis

München – Im internationalen Blutdoping-Skandal soll der mutmaßliche Drahtzieher Mark S. ausgepackt und zentrale Figuren seines Netzwerkes preisgegeben haben.

Das geht offenbar aus Dokumenten eines rechtskräftig abgeschlossenen Gerichtsverfahrens zum Doping im europäischen Ausland hervor, die der ARD-Doping-Redaktion vorliegen. Darin finden sich demnach Aussagen des Erfurter Arztes vor Vernehmungsbeamten, in dem er sein ausgeklügeltes Betrugssystem beschreibt und Komplizen nennt. Beim Aufbau eines Kundenkreises sollen ein ehemaliger österreichischer Skilanglauftrainer und ein kroatischer Leichtathletikcoach eine wichtige Rolle gespielt haben.

Der Mediziner hat unterdessen Verfassungsbeschwerde eingelegt, weil er seit seiner Festnahme im Zuge der «Operation Aderlass» im März 2019 in Untersuchungshaft sitzt, wie sein Rechtsbeistand der ARD sagte. Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft München hat Mitte Dezember 2019 Anklage gegen Mark S. und vier Helfer erhoben.

Ihnen wird unter anderem gewerbsmäßige und teilweise bandenmäßige Anwendung verbotener Dopingmethoden beziehungsweise Beihilfe dazu vorgeworfen. In der 145-seitigen Anklageschrift sind über 30 Zeugen, darunter zahlreiche Sportler, benannt worden. 23 Athleten wurde bei den Ermittlungen Blutdoping nachgewiesen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Sportarzt Mark S. seit Ende 2011 regelmäßig und in einer unbekannten Anzahl von Fällen weltweit Blutdoping betrieben haben soll.

Bislang gibt es noch keinen Prozesstermin. «Die Strafkammer muss noch über die Zulassung der Anklage entscheiden», sagt Florian Gliwitzky, Sprecher des Landgerichts München II der ARD-Dopingredaktion, «gleichwohl ist die Strafkammer schon in Kontakt mit den Verfahrensbeteiligten getreten, um zu klären, wann das Verfahren durchgeführt werden kann.» Derzeit sei nicht damit zu rechnen, dass das Verfahren vor Mitte September 2020 durchgeführt werde.

Während der Nordischen Ski-WM in Innsbruck und Seefeld hatten österreichische und deutsche Behörden Ende Februar 2019 Razzien durchgeführt, unter anderen auch bei dem deutschen Sportarzt in Erfurt.


(dpa)

(dpa)