Frodeno nicht ganz allein im «Pain cave» beim «Tri@home»

Girona – Vor ihm die Pyrenäen. Jan Frodeno kennt sie, er kennt den Blick auf das Bergpanorama von Girona aus, erst recht von seinem «Pain cave», wie die Zimmer mit Radtrainer und Laufband in der Szene gern genannt werden.

Hier wird Frodeno am 11. April nach 3,86 Kilometern Schwimmen im neun Meter langen Pool mit Gegenstromanlage stramme 180,2 Kilometer auf einem Rad absolvieren, das an einen Smart-Rollentrainer angeschlossen ist. Anschließend wird der dreimalige Ironman-Weltmeister auch noch 42,2 Kilometer auf dem Laufband absolvieren. Allein – und doch nicht ganz.

Wer dieser Tage mit Ausgangssperre wie in Frodenos spanischer Wahlheimat durch die Corona-Pandemie oder Beschränkungen wie in Deutschland daheim nicht allein trainieren kann oder will, dem bleiben Simulations-Apps. Zur Grundausstattung gehören Smartphone, Tablet oder Laptop und ein entsprechender Rollentrainer, für den schnell mehrere hundert Euro fällig werden können.

Der Vorteil: Wer zwei oder auch mal mehr Stunden auf einem Rad sitzt, das sich nicht von der Stelle bewegt, weiß, was Monotonie bedeutet. Und wer will, der kann mitfahren, wenn er sich natürlich entsprechend bei diversen Anbietern anmeldet. Ob aus Spanien, Deutschland oder von sonst wo: In der virtuellen Welt fahren sie zusammen. Abstand egal.

Die Online-Plattformen bieten Abwechslung und Wir-Gefühl in Zeiten von Isolation und Kontaktsperren. Entsprechend stieg das Interesse in den vergangenen Wochen – bei Athleten, Organisationen oder Herstellern, wie der Anbieter Zwift auf Anfrage bestätigte.

Alles ist virtuell möglich. Weil auch sämtliche Triathlon-Veranstaltungen vorerst abgesagt oder verschoben wurden, veranstaltete Ironman jüngst die erste Auflage des Virtual Racing Club. Zweifach-Champion Patrick Lange siegte bei den Profis, gefahren wurde mit dem Rollentrainer und dem Anbieter Rouvy eine Halb-Ironman-Radstrecke.

Insgesamt machten nach offiziellen Angaben 12.000 Sportlerinnen und Sportler aus 115 Nationen am Wochenende zuvor mit. Drei Teilstrecken mussten zwischen 3. und 5. April absolviert werden: 5 Kilometer Laufen, 90 Kilometer Radfahren, 21 Kilometer Laufen – Duathlon statt Triathlon, Reihenfolge egal.

Dank der Rollentrainer, die per Bluetooth mit der App verbunden sind, verändern diese beispielsweise den Widerstand, wenn Steigungen in der virtuellen Trainingswelt kommen. Geht es bergab, wird’s leichter. Vom Hobby-Athleten bis zum Spitzenprofi – im Moment sind viele auf der Rolle, auch wegen der Aufforderung, im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Virus Sars-CoV-2 zuhause zu bleiben. Oder der klaren Vorgabe, wie bei Frodeno im spanischen Girona, das Haus nicht zu verlassen.

Der 38-Jährige will mit seiner Aktion vor allem auch denen Tribut zollen, die in erster Reihe beim Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie helfen. «Es dient definitiv nicht der Selbstdarstellung», betonte er in einem Sponsoren-Interview. «Mir geht es einfach darum, Aufmerksamkeit zu erregen, um Geld zu sammeln. Damit möchte ich diejenigen unterstützen, die zurzeit tagein, tagaus das wirkliche Wettrennen auf Leben und Tod in den Krankenhäusern machen.»

Mit einer Elf-Stunden-Fahrt auf der Rolle machte bereits der belgische Radprofi Laurens De Vreese von sich reden und auf den Kampf gegen das Virus aufmerksam: 368,94 Kilometer strampelte er auf der Rolle. Macht einmal von Hamburg nach Berlin – inklusive großer Stadtrundfahrten. Fast 9000 Kalorien verbrannte der Fahrer vom Team Astana dabei.

Wer wie Frodeno das nötige Geld und einen Pool hat und sich rechtzeitig wie er noch eine Gegenstromanlage einbauen lässt, der muss beim Ironman auch nicht aufs Schwimmen verzichten. Hätte man ihn vor zehn Jahren gefragt, so etwas zu machen, er hätte denjenigen für verrückt erklärt, meinte der Superstar der Triathlonszene, der als einziger WM-Gold auf Hawaii (2015, 2016 und 2019) und Gold bei Olympischen Spielen (2008 in Peking) gewann.

Sein «Tri@home» soll in den Zeiten ohne Wettkampf kein echtes Rennen werden. Frodeno, der die Erlöse spenden will, riet ausdrücklich davon ab, es ihm nach-, sondern höchstens punktuell mitzumachen. Es geht nicht um Speed, Minuten oder Sekunden. «Es geht darum zu zeigen, dass man auch in den eigenen vier Wänden viel machen kann trotz Einschränkungen», betonte Frodeno.


(dpa)

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