Gastgeber Russland ist für das WM-Abenteuer bereit

Moskau – Russland ist bereit, das große Abenteuer Fußball-Weltmeisterschaft kann beginnen.

Ganz Russland? Nun ja, 23 russische Spieler und ihr Trainerstab laufen der WM-Form noch hinterher. Das Schwächeln der Sbornaja drückt auf die Vorfreude der Fans, während im Gastgeberland die letzten Bordsteine und Zäune gestrichen und die letzten Quadratmeter Rollrasen verlegt werden. Einige hässliche Flecken in den elf Austragungsstädten sind hinter hohen Transparenten versteckt worden. Fertig! Der Anpfiff am kommenden Donnerstag (14.6.) im Moskauer Luschniki-Stadion kann ertönen: Gruppe A – Russland gegen Saudi-Arabien.

Die Messlatte für die erste WM im größten Land der Erde liegt hoch. Nicht nur, dass sie mit Kosten von mehr als 10 Milliarden Euro die bislang teuerste ist. Sie ist eine der politisch umstrittensten, weil Russland von der Ukraine bis Syrien in viele Konflikte verwickelt ist. Doch FIFA-Präsident Gianni Infantino erwartet nichts weniger als die beste WM aller Zeiten.

«Eine Woche vor Anstoß können wir, denke ich, sagen, dass, Russland zu hundert Prozent bereit ist. Die ganze Welt wird erleben, wie gastfreundlich dieses Land ist und wie die Organisation funktionieren wird», sagte Infantino in einem Interview, das der Weltfußballverband veröffentlichte.

Für Präsident Wladimir Putin bietet die WM die Chance, Russland als aufstrebende, moderne Nation darzustellen. Sein Land tue alles, «damit es ein Fest für Millionen Fußballfans in der ganzen Welt wird», sagte er. Vor Anpfiff antwortete der Kremlchef noch bei seinem jährlichen TV-Marathon auf Bürgerfragen. Er reist auch für drei Tage nach China. Danach herrscht gähnende Leere im politischen Terminkalender – WM-Zeit in Russland!

Aus den elf Spielstädten melden die Bürgermeister oder Gouverneure Vollzug. «Die legendären Stadien #Luschniki und Spartak sind auf Hochglanz geputzt», twitterte der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin. «Die Moskauer haben Glück: Bei uns finden 12 Spiele der Weltmeisterschaft statt, auch die Eröffnung und das Finale.»

Nun muss sich erweisen, ob die teuer ausgebaute Infrastruktur dem Ansturm der in- und ausländischen Fußballfans gewachsen ist. Zwischen St. Petersburg im Norden und Sotschi im Süden, Kaliningrad im Westen und Jekaterinburg im Osten werden Hunderttausende Menschen über tausende Kilometer und vier Zeitzonen reisen.

Moskaus größter Flughafen Scheremetjewo hat ein schickes neues Inlandsterminal bekommen – für Umsteiger aus dem Ausland erreichbar mit einer U-Bahn unter dem Rollfeld. Und in der Metro der Hauptstadt sind die Angestellten mit kleinen Sprachkärtchen auf Minimal-Englisch getrimmt worden: «Gud moning», «gud ivining» oder «sets ou kej» haben sie in Lautschrift auf Kyrillisch gelernt.

Dabei darf der Menschenstrom nicht zum Erliegen kommen durch die Sicherheitsmaßnahmen mit vielen Kontrollen und Sperren. Polizei, Zivilschutz, Geheimdienste und die Armee werden im Einsatz sein.

Kritik an der WM hat es auch in Russland genug gegeben: an den hohen Kosten für ein immer noch armes Land, an der schlechten Lage der Menschen- und Bürgerrechte, an Einschränkungen und Belastungen für Anwohner in den vier Wochen des Turniers. Und doch ist die Stimmung derzeit so, dass die WM kommen und das Fest gefeiert werden soll. «Ich hasse die Meckerer, die aus allen Rohren auf die WM schießen», sagt Sergej Schnurow, als Kopf der Gruppe Leningrad derzeit Russlands populärster Rockstar. «Die WM tut dem Land gut, jedenfalls bisher.»

Bleibt das Problem der schwächelnden Heimmannschaft, die im letzten Test wenig überzeugend 1:1 gegen die Türkei spielte. «Leider hat unsere Sbornaja in jüngster Zeit keine großen Ergebnisse gezeigt», gestand Präsident Putin ein. Die russischen Fußballexperten sind es schon leid, sich den Kopf von Trainer Stanislaw Tschertschessow zu zerbrechen: Es habe ja doch keinen Zweck. Die Zeitung «Moskowski Komsomolez» witzelt: «Portugal hofft auf Ronaldo, Frankreich auf Pogba und Brasilien auf Neymar. Nur wir hoffen auf ein Wunder.»


(dpa)

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