Kölner Doping-Kontrolllabor testet 95 Prozent weniger

Köln – Das Doping-Kontrolllabor in Köln hat seine Arbeit nahezu einstellen müssen.

«Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Probenzahl auf ein Minimum zurückgegangen. Derzeit testen wir circa 95 Prozent weniger Dopingkontrollproben als zuvor», sagte der Leiter des Labors, Mario Thevis, den Zeitungen der «Funke Mediengruppe».

Wegen der weltweiten Coronavirus-Pandemie ist die Entnahme von Dopingproben stark zurückgegangen. Die Sorge der Verantwortlichen ist groß, dass Athletinnen und Athleten die entstandende Systemlücke ausnutzen und mit Blick auf die in das nächste Jahr verschobenen Olympischen Spiele in Tokio eine Wettbewerbsungleichzeit entstehen könnte. Den Angaben zufolge sind momentan nur 13 von insgesamt 30 akkreditierten Kontrolllaboren der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) voll funktionsfähig.

Doping-Experte Fritz Sörgel zeichnet ein düsteres Bild. Seine Befürchtung: «Schwerpunktmäßig werden die profitieren, die in der zweiten Reihe stehen: Die nach vorne wollen oder verzweifelt sind», sagte der Pharmakologe. Bis wieder der Umfang der Doping-Kontrollen aus der Zeit vor Corona erreicht sei, werde laut Sörgel mindestens ein Jahr vergehen. «Daraus folgt, dass Olympische Spiele im nächsten Jahr die blanke Wettbewerbsverzerrung darstellen, weil mehr als zwölf Monate vorher das Doping-Testen eingestellt wurde.»

Abhilfe könnte ein Untersuchungsverfahren schaffen, das von der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) zurzeit in einem Pilotprojekt getestet wird. Die sogenannte «Dried Blood Spot»-Methode (DBS) ist seit langem bekannt, wird zum Beispiel beim Neugeborenen-Screening eingesetzt. Den Babys wird kurz nach der Geburt – meist aus der Ferse – ein Blutstropfen entnommen, untersucht und konserviert.

«Ähnlich kann dies auch im Rahmen von Dopingkontrollen erfolgen», sagte Thevis. Vorteile seien, dass die Entnahme eines Blutstropfens per Video überwacht werden könne, der Eingriff (wie beim Diabetestest am Finger) minimal sei und die Proben nicht gekühlt werden müssten. Allerdings könnten laut Thevis nur etwa 60 Prozent der Substanzen überprüft werden wie bei einer regulären Blutkontrolle.


(dpa)

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