Kompliment von Beckenbauer: Bayern vor Gipfel in Rekordlaune

München – Ein zufriedenes Siegerlächeln war bei Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß hinter ihren Masken nicht zu erspähen.

Mit gebotenem Sicherheitsabstand und dem obligatorischen Mund-Nasen-Schutz erlebten die beiden Ehrenpräsidenten ihren FC Bayern vor dem großen Geisterabend am TV gegen Borussia Dortmund in einem «hervorragenden Fußballspiel» schon mal in Rekordlaune.

Die Münchner schraubten ihre Torausbeute durch das 5:2 (2:0) gegen Eintracht Frankfurt auf den Bestwert von 80 Treffern nach 27 Spieltagen, die magische 100-Tore-Marke ist möglich. «Wir wollen die Meisterschaft nach München holen, da wo sie hingehört», tönte Frontmann, Torschütze und Vorlagengeber Thomas Müller. Er selbst peilt Dienstagabend (18.30 Uhr/Sky) seinen 250. Bundesliga-Sieg an.

Der herausragende Vize-Kapitän müllert sich zu neuen Bestwerten, der deutsche Fußball-Rekordmeister präsentiert sich vor dem in diesem Jahr weniger stimmungsvollen Highlight der Liga-Giganten schon weitgehend meisterlich. «Ich bin mit der ersten Halbzeit sehr zufrieden. Wir haben dominiert», sagte Trainer Hansi Flick.

Die Gegentore nach Standards waren nur Schönheitsfehler – gegen den BVB könnten solche Schwächen aber schwerwiegendere Folgen haben. «Gegen Dortmund werden wir zu 100 Prozent da sein. Das sind die Spiele, denen wir entgegenfiebern», sagte Torschütze Leon Goretzka.

Für Flick, der die Münchner ein halbes Jahr dem 1:5-Untergang von Frankfurt und dem Ende der Amtszeit von Trainer Niko Kovac bei Triple-Laune hält, ist die Ausgangslage luxuriös: Der FC Bayern bleibt nach dem Geistergipfel in jedem Fall Spitzenreiter. «Wir haben eine Position der Stärke und eine gute Ausgangsposition, die wir verteidigen wollen», sagte der 55-Jährige. Sein Frankfurter Trainerkollege Adi Hütter geht nach dem Hautnah-Erlebnis von München davon aus, dass bei allen Dortmunder Möglichkeiten «in der Summe der FC Bayern am Ende der Saison die Nase vorn haben wird».

Titel Nummer acht am Stück soll her – und das vielleicht mit einer neuen Bestmarke. 101 Tore glückten den Beckenbauer-Bayern um Gerd Müller vor fast 50 Jahren, damals erzielte der «Bomber» auch die legendären 40 Tore. Für Robert Lewandowski bliebt dieser Top-Wert nach dem 27. Saisontor eine Herausforderung. Durch weitere Treffer von Leon Goretzka, Müller, Alphonso Davies und ein Eigentor von Frankfurts Martin Hinteregger bleibt auch das Gesamtensemble auf Rekordkurs.

«Tore sind ein Ergebnis eines guten Fußballspiels. Meine Mannschaft macht das schon sehr gut», lobte Flick, mahnte aber Analysebedarf nach den zwei Gegentreffern von Hinteregger an. «Darüber müssen wir sprechen und schauen, dass wir das besser machen.»

Ungefragt hob der Trainer zwei Stars gesondert hervor. Den umsichtigen Abwehrchef David Alaba und Offensiv-Fixpunkt Müller. «David ist auf seiner Position aktuell ein Maßstab», betonte Flick, der seinen Weltmeister-Gefährten Müller wieder in die Spur gebracht hatte. «Er spielt sehr intelligent», sagte Flick.

Müller ist einer der Chefs auf dem Rasen, gibt viele Kommandos, kämpft voran, bestreitet kluge Laufwege. 20 seiner 24 Scorerpunkte verbuchte Müller in der Nach-Kovac-Zeit, mit seiner 17. Vorlage ist er die Nummer 1 der Liga. Besser war nach 27 Spieltagen noch niemand. Man wolle in Dortmund «extrem leidenschaftlich» auftreten, kündigte der 30-Jährige an. Die Gelbe Wand der Südtribüne wird er vermissen: «Es ist der deutsche Klassiker, da wäre uns das absolut lieber, wenn das Stadion kochen würde.»

Fehlende Zuschauer und ausbleibende Stimmung flossen auch in die Bewertung von Beckenbauer beim ersten Stadionbesuch seit langem ein. «Die Bayern sind in einer sehr starken Verfassung», sagte der 74-Jährige bei Sport1. «Unter diesen Umständen, ohne Fans und Atmosphäre, war das ein hervorragendes Fußballspiel. Kompliment an beide Mannschaften, das war wirklich sehr, sehr guter Fußball.» Flick gefiel’s. «Ich freue mich, dass er im Stadion war», sagte der Coach. Am Dienstag bleibt aber auch für den «Kaiser» nur der Platz am TV.


(dpa)

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