Kovac liefert – und wie: Bayern stürmen ins Achtelfinale

München – In großer Not hat Niko Kovac eindrucksvoll geliefert. Mit einem dominanten 5:1 (3:0) gegen Benfica Lissabon hat der Trainer den FC Bayern München vorzeitig ins Achtelfinale der Champions League geführt.

Die Doppelpacker Arjen Robben (13./30. Minute) und Robert Lewandowski (36./51.) sowie Franck Ribéry (76.) sorgten mit ihren Toren für lange vermisste Glanzlichter in der ausverkauften Allianz Arena.

«Das war ein Statement für die Mannschaft selbst. Sie haben gezeigt, dass sie es können», sagte Kovac unmittelbar nach dem Spiel. Von Sportdirektor Hasan Salihamidzic bekam der Coach eine Jobgarantie. «Selbstverständlich» werde Kovac auch am Wochenende in der Bundesliga gegen Werder Bremen auf der Bank sitzen.

Die Art und Weise des Heimsieges vor 70.000 Zuschauern war ein Votum für eine Zukunft mit Kovac beim sportlich wankenden Fußball-Rekordmeister. Zeichen an diesem besonderen Abend waren die innige Umarmung von Ribéry mit Kovac bei seiner Auswechslung und das erste Statement von Robben: «Ich habe mich wirklich gefreut, auch für ihn. Er gehört zu uns», sagte der Niederländer über Kovac bei Sky.

«Die waren wichtig für uns, für die Mannschaft, ich spiele ja nicht nur für mich», sagte Robben zu seinen Toren. «Das war wichtig nach der bitteren Enttäuschung vom Samstag wieder aufzustehen», betonte er. Große Mannschaften würden solche Reaktionen zeigen. «Wir haben endlich mal die Führung, die wir hatten, ausgebaut», sagte der erleichterte Kovac und rechnete auch noch mit einer Gratulation von Präsident Uli Hoeneß. Sportdirektor Salimhaidzic nahm diese in gewisser Weise vorweg: «Das Spiel hat für sich gesprochen», sagte er.

Das personell arg dezimierte Münchner Starensemble präsentierte sich auf dem Platz als funktionstüchtige Einheit. Diesmal war das Gegentor kurz nach der Pause durch den eingewechselten Gedson Fernandes (46.) nur ein Schönheitsfehler an einem auch für die Münchner Bosse erfreulicheren Abend auf der Tribüne.

Mit 13 Punkten gehen die Bayern am 12. Dezember als Tabellenführer ins Duell bei Ajax Amsterdam (11) um den Gruppensieg. In der Bundesliga muss schon am Samstag bei Werder Bremen die Trendwende bestätigt werden. «Es klingt abgedroschen, aber wir denken von Spiel zu Spiel. Es wird schwierig in Bremen, das wissen wir alle», sagte Kovac.

Der Trainer reagierte auf die Kritik aus der Chefetage mit taktischen Mitteln. Leon Goretzka bildete mit Joshua Kimmich eine defensive Doppel-Sechs. Stabilität sollte gewonnen, die Anfälligkeit bei schnellen Gegenstößen endlich abgestellt werden. Thomas Müller konnte davon in einer Rolle als Spielmacher und verkappter zweiter Stürmer mit mehr Freiheiten agieren.

Entscheidend war aber nicht die Taktik, sondern die Mentalität. Die Bayern waren wieder konzentriert. Die Spieler spielten miteinander, man half sich gegenseitig auf dem Platz und jubelte gemeinsam. Diese komplett veränderte Körpersprache konnten auch Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge oben in der Ehrenloge deutlich zur Kenntnis nehmen.

Zum Symbol der Rückkehr fast schon zur alten Bayern-Herrlichkeit wurde Robben. Sechs Benfica-Spieler ließ er stehen und drosch den Ball im unnachahmlichen Robben-Stil zur frühen Führung in den Winkel. Eineinhalb Jahre hatte der Holländer in der Königsklasse nicht mehr getroffen. An der Seitenlinie ballte Kovac beide Fäuste und sein Atem dampfte in der kalten Abendluft.

Benfica, das einen Sieg mit zwei Toren Vorsprung benötigt hätte, um noch eine Chance auf die K.o.-Phase der Champions League zu haben, riskierte dennoch wenig. Wenn es die Portugiesen mal schneller angehen ließen, war Manuel Neuer zweimal als Torwart-Libero außerhalb des Strafraums zur Stelle, einmal grätschte David Alaba den Ball ins Aus. Als Dank gab es einen freundschaftlichen Brust-Check von Neuer – auch das ein Zeichen: Das Team steht zusammen.

«Uninspiriert» spiele die Mannschaft, lautete ein Hoeneß-Vorwurf. Der Gegenbeweis war das 2:0. Nach einem schnellen Gegenzug über Lewandowski und Müller blitzte bei Torschütze Robben echte Spielfreude auf. Sein erster Königsklassen-Doppelpack seit 2014 war perfekt. Lewandowski rundete per Kopfball nach schöner Kimmich-Flanke diese für Kovac so beruhigende erste Halbzeit mit seinem 50. Champions-League-Tor ab.

Keine Minute war in der zweiten Halbzeit gespielt, da forderte der gerade eingewechselte Gedson mit seinem zu leicht herausgespielten Anschlusstor die Bayern zum Charaktertest heraus. Würde jetzt das Zittern doch wieder losgehen? Die Antwort gab Lewandowski. Der Pole köpfte nur Minuten später wieder nach Flanke von Kimmich erneut ein.

Benfica war nun ein willkommener Gegner ohne jede Ambitionen. Mit solider Kontrolle spulten die Münchner ihr Programm ab – genau diese Fähigkeit hatte zuletzt in der Liga so gefehlt. Für Sieg-Initiator Robben war der Abend nach 70 Minuten vorbei. Unter dem Jubel der Fans wurde Renato Sanches gegen seinen Ex-Club eingewechselt. Das I-Tüpfelchen setzte aber Routinier Ribéry mit seinem Tor und der Umarmung mit Kovac.


(dpa)

(dpa)