Neue Bundestrainerin Voss-Tecklenburg will Synergien mit Löw

Frankfurt/M. – Die neue Bundestrainerin kam im modischen anthrazitfarbenen Anzug, mit einem Lächeln, glänzenden Augen – und großen Ambitionen. Martina Voss-Tecklenburg hat die Nachfolge von Horst Hrubesch als Verantwortliche der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft angetreten.

Bei ihrem souveränen Auftritt kündigte sie eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Abteilung von Joachim Löw an. «Wir wollen den Frauenfußball genauso wie den Männerfußball weiter entwickeln. Wir wollen bei den Frauen als auch bei den Männern zurück an die Weltspitze», sagte DFB-Direktor Oliver Bierhoff.

Als Zeichen eines künftigen Miteinanders nach jahrzehntelangem Nebeneinander durfte auch die Vorstellung von Voss-Tecklenburg in der DFB-Zentrale in Frankfurt/Main gewertet werden. Bierhoff und Verbandsboss Reinhard Grindel hatten die 50-Jährige in die Mitte genommen. Auch Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund, saß mit auf dem Podium und lobte die «hohe internationale Erfahrung» der Neuen.

«Mit Jogi Löw hatte ich schon Kontakt. Ich habe ihn zufällig getroffen in Düsseldorf und wir haben über das eine oder andere gesprochen», sagte Voss-Tecklenburg. «Diese Synergien werden sehr hilfreich sein. Wir werden sie nutzen, wir werden sie benutzen in vielen Dingen.» Die 125-fache Nationalspielerin fühlt sich zwar als «Kind des DFB», war aber zuletzt sieben Jahre Nationaltrainerin in der Schweiz und soll frischen Wind ins Frauenteam bringen. Ihr Vertrag läuft nach Bierhoffs Angaben bis Sommer 2021.

Im Januar wird Voss-Tecklenburg die Spielerinnen im Trainingslager in Marbella versammeln, im März soll es eine Länderspielreise nach Frankreich geben. Die erste große Herausforderung ist die WM vom 7. Juni bis 7. Juli ebenfalls in Frankreich.

«Martina Voss-Tecklenburg steht für einen attraktiven, auf Tempo ausgerichteten Fußball», sagte Grindel und erinnerte an den früheren Spitznamen der einstigen Spielerin des TSV Siegen und des FCR 2001 Duisburg: «Flankengott vom Kohlenpott.»

Ein konkretes WM-Ziel wollte Voss-Tecklenburg nicht ausgeben, sagte aber mit sichtlicher Vorfreude auf ihr neues Amt beim zweimaligen Weltmeister und achtmaligen Europameister: «Ich möchte Titel gewinnen, ich war noch nie Weltmeisterin. Das Ziel ist natürlich die Olympia-Qualifikation. Dann werden wir sehen, wo wir mit dieser Mannschaft hingehen können.»

Die Fußballfrauen hatten zwar 2016 in Rio de Janeiro mit Silvia Neid als Trainerin Olympia-Gold erobert, scheiterten aber zuletzt bei der EM in den Niederlanden unter Steffi Jones im Viertelfinale. Hrubesch übernahm den Job übergangsweise. Voss-Tecklenburg brachte ihre siebenjährige Amtszeit als Schweizer Nationaltrainerin zu Ende, unterlag aber in den WM-Playoffs Europameister Niederlande.

Hrubesch hatte sich Mitte des Monats mit einem 0:0 gegen Spanien verabschiedet. Der langjährige DFB-Trainer hat nach dem Rauswurf von Jones im März die Mannschaft neu aufgestellt und junge Spielerinnen wie Giulia Gwinn vom SC Freiburg und Lena Lattwein von der TSG 1899 Hoffenheim integriert. Mit Voss-Tecklenburg will nun eine «starke Persönlichkeit» (Bierhoff) diese Arbeit fortführen.

Die Bundestrainerin sitzt auch im Aufsichtsrat von Fortuna Düsseldorf. Vorsichtshalber hat der DFB seine Ethikkommission beauftragt, prüfen zu lassen, ob das okay ist – sei es auch, wie Grindel bestätigte. Voss-Tecklenburg hat also keine Berührungsängste, was den Männerfußball angeht. Die Bundestrainerin will den Frauenfußball – wie sie es in der Schweiz getan hat – insgesamt vorantreiben. Die Aufmerksamkeit bei ihrer ersten Pressekonferenz war schon mal beachtlich. Unvorstellbar, dass Voss-Tecklenburg noch zu der Spielergeneration gehört, die 1989 als Siegprämie für den EM-Titel ein Kaffeeservice erhalten hatte.


(dpa)

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