Radsportlegende Schur: «DDR-Sport war nicht kriminell»

Berlin – In der Debatte um seine mögliche Aufnahme in die Hall of Fame der Deutschen Sporthilfe hat der Ex-Radrennfahrer Gustav-Adolf, genannt Täve, Schur Doping in der damaligen DDR heruntergespielt.

«Der DDR-Sport war nicht kriminell, sondern vorzüglich aufgebaut», sagte Schur im Interview des «Neuen Deutschlands». «Der Sport in der DDR war gut, weil er beispielhaft den Aufbau der Gesundheit vorantrieb und dabei auch noch international erfolgreich war.»

Auf die Frage nach nachgewiesenem Doping von Minderjährigen in der DDR erklärte der 86-Jährige, dass er «diese Berichte» kenne. «Das begann in den 60er Jahren, da ist im Westen schon ganz anderes gelaufen», sagte Schur. «Nur soviel: Wir hatten in der DDR keine Dopingtoten, anders als im Westen.»

Schur ist unter den fünf vorgeschlagenen Kandidaten, die zwischen Sporthilfe, Deutschem Olympischen Sportbund und dem Verband Deutscher Sportjournalisten abgestimmt worden waren, teilte die Sporthilfe mit. Das Radsport-Idol war bereits 2011 unter den Anwärtern auf die Hall of Fame, wurde aber von der damals 28-köpfigen Jury nicht berufen.

Nun soll es dank des Präsidenten des Landessportbundes Sachsen-Anhalt anders kommen. Andreas Silbersack sagte im «Tagesspiegel», dass er Schur vorgeschlagen habe. «Ich habe ihn in die Konferenz der Landessportbünde eingereicht. Und alle 16 Landessportbünde haben zugestimmt».

Sein Vorschlag habe auch mit seiner eigenen Geschichte zu tun. «Täve Schur hat schon meine Großeltern und Eltern in der DDR begeistert. Er ist auch Ehrenpräsident unseres Landessportbunds Sachsen-Anhalt. Aber der eigentliche Grund ist, dass seine sportliche Lebensleistung über Generationen geprägt hat.»

Die mögliche Aufnahme Schurs und auch der früheren Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler hatte Kritik hervorgerufen. Ines Geipel, Vorsitzende der Doping-Opfer-Hilfe, protestierte vor allem gegen die Aufnahme von Schur, mit der man «die Ehrenhalle implodieren» lassen würde.

«Ich habe mich immer und überall anständig betragen, ich habe nicht gedopt und habe das auch erläutert», sagte Schur. «Die Hall of Fame ist sicherlich eine gute Sache – als Gedächtnis des Sports. Aber ich glaube, in dem bin ich sowieso schon fest verankert.» Er war zweimal Rad-Weltmeister, Abgeordneter der DDR-Volkskammer und des Bundestags.

«Zu seiner Zeit hat Doping noch keine Rolle gespielt», sagte Silbersack dem «Tagesspiegel». Das Festhalten an der Überlegenheit des DDR-Sports könne man Schur aber «zurecht vorwerfen». Es selber sei zu DDR-Zeiten in den Westen geflüchtet und teile Schurs Blick auf die DDR nicht. «Aber er lebt bis zum heutigen Tag, und er ist jetzt 86, sportliche Ideale vor. Er begeistert. Er motiviert. Er ist authentisch. Er ist ein Vorbild.»


(dpa)

(dpa)