Win-win-Situation: Zverev wieder in Hamburg

Hamburg – Daheim im Kinderbett schlafen, bei seinem Verein Uhlenhorster HC vorbeischauen, sich mit Freunden treffen – und zu alter Stärke zurückfinden: Für Alexander Zverev wird der Aufenthalt in seiner Heimat Hamburg auch eine Art Therapie.

Nach einem bislang durchwachsenden Jahr hat sich Deutschlands bester Tennisspieler auf seine Wurzeln besonnen und startet erstmals seit drei Jahren wieder beim Turnier in der Hansestadt. Er wollte an einen Ort kommen, an dem er alles kenne, «wo ich weiß, dass ich zu Hause bin, dass das Publikum hinter mir stehen wird, wo ich das Gefühl habe, dass ich gemocht werde», sagte der 22-Jährige vor dem am 21. Juli beginnenden Turnier am Hamburger Rothenbaum.

In den vergangenen beiden Jahren war er zu dem Zeitpunkt in Washington am Start – und gewann jeweils das Turnier. Nun die Rückkehr. Für die neuen Veranstalter ist die Teilnahme des Weltranglisten-Fünften ein Einstandsgeschenk. «Das ist wirklich eine Sensation. Ich hätte es mir nicht erträumt», sagte Turnierdirektorin Sandra Reichel, die mit ihrem Vater Peter-Michael in diesem Jahr erstmals die Traditionsveranstaltung in der Nachfolge von Michael Stich organisiert. Hamburgs Innensenator Andy Grote sagte beinahe pathetisch, es sei «klasse, dass ein Sohn der Stadt hier ist».

Doch der Sohn Hamburgs hatte in der weiten Welt zuletzt immer wieder Probleme. Seit seinem Sieg im vergangenen November bei den ATP-Finals in London lief bei dem in Monaco lebenden Zverev nur noch wenig zusammen. Das desaströse Erstrunden-Aus in Wimbledon vor drei Wochen war der Tiefpunkt. Die Dauerfehde mit seinem Ex-Manager Patricio Apey, gegen den er nach seiner Wimbledon-Niederlage schwere Vorwürfe erhoben hatte, dazu die Unzufriedenheit mit Teilzeit-Trainer Ivan Lendl – all das hat dem Anschein nach Spuren bei Zverev hinterlassen.

Noch gilt er als Versprechen auf die Zukunft nach den Heroen Roger Federer, Rafael Nadal oder Novak Djokovic. Doch wird es allmählich Zeit, dieses Versprechen einzulösen. «Wenn man mit jedem großen Champion redet, werden sie auch alle solche Jahre mal haben. Es ist ein Prozess. Ich denke, dass ich da bald rauskomme», hatte Zverev bei seinem Abschied aus London gesagt.

Dabei soll ihm auch der Heimatbesuch helfen. Nach einer Woche Urlaub in St. Tropez nach dem Wimbledon-Aus ist er wieder voll im Training. In Hamburg gibt sich Zverev locker. Den Streit mit Apey, der ihn zu einer Weltmarke aufbauen wollte, hofft er, bald gelöst zu haben. «Ich bin froh, dass sich da bald alles aufklärt und ich mich komplett wieder auf Tennis konzentrieren kann», sagte Zverev.

Seinem Coach Lendl hat er nach eigener Aussage deutlich gemacht, was er von der einstigen Nummer eins im Welttennis erwartet: Lendl soll seinen Fokus mehr auf die Arbeit mit ihm legen. Dass Zverev seinen Trainer in aller Öffentlichkeit in Hamburg harsch anging («Seine Hauptthemen sind gerade Golf und sein kleiner Hund»), war indes ungewöhnlich. Dennoch versicherte er, dass die Zusammenarbeit mit Lendl fortgesetzt werde. «Vieles wird sich aber ändern.»

Bei dem mit 1,713 Millionen Euro dotierten Turnier am Rothenbaum hofft er nun auf seinen zweiten Titel in diesem Jahr. Ende Mai gewann er in Genf. Finalgegner war Nicolas Jarry. Der Weltranglisten-64. aus Chile ist Zverevs Auftaktgegner in Hamburg.


(dpa)

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