Wie mehr Notbetreuung in Kitas gelingt

München/Berlin – Wenn die Notbetreuung in den Kitas ausgeweitet wird, fragen sich Eltern von kleinen Kindern, wie das funktionieren soll. Allein schon die Vorstellung, dass lauter Zwerge fröhlich mit Mundschutz umherflitzen, mag nicht so recht gelingen.

Dann sollten diesen vielleicht eher die Erzieher tragen? Oder nicht? «Nein, auch die nicht», sagt Fabienne Becker-Stoll. Die Direktorin des Staatsinstituts für Frühpädagogik sieht im Tragen von Gesichtsmasken mehr Nachteile als dass sie tatsächlich schützen würden.

Gerade Kinder unter drei Jahren seien durch die ungewohnte Situation der Notgruppenbetreuung eh schon verunsichert. «Aber eine Gesichtsmaske verunsichert Kinder nur noch mehr, weil sie den Gesichtsausdruck ihrer Erzieherin oder ihres Erziehers nicht sehen können», erklärt die Professorin. Der sei aber wichtig, damit das Kind stets sehen könne, ob eine Situation ungefährlich ist oder eben nicht.

Ein Lächeln entspannt Kleinkinder

Durch ein freundliches Lächeln etwa erfahren Kleinkinder, dass die Situation nicht bedrohlich ist, und sie können sich entspannen. Das gleiche gelte auch für den Körperkontakt, den kleine Kinder brauchen, um sich emotional zu regulieren. «Körperkontakt aus Angst vor Ansteckung zu verweigern, verängstigt Kinder schon sehr und ist letztlich auch gar nicht möglich», so Becker-Stoll.

Für Kleinkinder, die mehrere Wochen nicht in der Kindertagesstätte waren, hält die Bindungsexpertin auch eine Mini-Eingewöhnung für nötig. «Sie könnte im Außenbereich der Kita ablaufen», schlägt Becker-Stoll vor. Mama oder Papa könnten sich mit dem Kind auf einen Stuhl setzen und es nach einer Weile der gegenübersitzenden Bezugsperson übergeben.

Austausch von Videobotschaften mit den Betreuern

Bei größeren Kindern ab 3 Jahren könnte im Vorfeld schon mal der bekannte Morgenkreis aus der Notbetreuung live nach Hause übertragen oder als Video verschickt werden. Überhaupt sei der Austausch von Video- oder Sprachnachrichten zu empfehlen, die Eltern zwischen dem Betreuer und dem Kind organisieren. Da könnten Lieblingslieder gesungen, Kita-Bilder oder ein kurzes Bilderbuch gezeigt werden. «Je lebendiger die Erinnerung bleibt, desto leichter gelingt die Rückkehr in die Kita», ist Becker-Stoll überzeugt.

Die Psychologin empfiehlt für die Notbetreuung in Krippen kleine Gruppen von jeweils nicht mehr als fünf Kindern und zwei Erziehern. Dabei sollte es sich um feste Gruppen handeln, die nicht mit Kindern aus anderen Gruppen durchmischt werden.

Statt Abstandsregel auf Kohortenmodell setzen

«Für 3- bis 6-Jährige kämen auch Gruppen mit bis zu zehn Kindern in Frage. Dann allerdings mit drei Erziehern», sagt Waltraud Weegmann. Die Vorsitzende des Deutschen Kitaverbandes nennt solche kleinen Gruppen Kohorten. Auf denen könnte ein Modell für die nächste Zeit aufbauen. «Statt Abstandsregeln brauchen wir in der Kita eben dieses Kohortenmodell», erklärt Weegmann.

Die Gruppe mit ihren zwei oder drei festen Erziehern bleibe immer zusammen und benutzt Gemeinschaftsräume nur dann, wenn eine andere Gruppe dort raus ist und der jeweilige Raum desinfiziert wurde. «Falls dann ein Corona-Fall auftritt, weiß man sofort, welche Gruppe betroffen ist. So muss nicht gleich die ganze Kita in Quarantäne», erklärt Weegmann.

Minigruppen-Modell funktioniert nicht für alle Kinder

Die Expertin denkt mit diesem Modell schon weiter: «Wir brauchen eine Lösung nicht nur für die kommenden 14 Tage, sondern für die nächsten Monate – bis es einen Impfstoff gibt.» Das könne allerdings nicht für alle Kinder einer Kita funktionieren, sondern nur für einen Teil. Deshalb bräuchte es eine der aktuellen Coronalage angepasste Prozentlösung. «Wir könnten beispielsweise mit 25 Prozent beginnen und den Prozentsatz dann langsam steigern», so Weegmann. Der Prozentsatz könnte je nach Coronalage aber auch wieder zurückgefahren werden.

Doch wie entscheidet man, welche Kinder wieder in die Kita dürfen? «Kriterien müsste sich jede Kita genau überlegen, etwa Kinder mit Förderbedarf, beengten Wohnsituationen oder anderen familiären Notsituationen», sagt Weegmann. Die tägliche Betreuungszeit würde Weegmann vorerst auf sieben Stunden beschränken.


(dpa/tmn)

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