Plateau de Solaison – Viele Jahre hat Deutschland auf einen starken Rundfahrer gewartet. Emanuel Buchmann könnte diese Lücke schließen. Bei der Tour-Generalprobe in Frankreich hielt er nicht nur mit den Stars der Branche mit, sondern fuhr ihnen am letzten Berg sogar davon.
André Greipel, Marcel Kittel oder John Degenkolb – die Post-Telekom-Ära brachte in Deutschland in erster Linie sprintstarke Radprofis von Weltformat hervor. Ein Rundfahrer war nach dem unrühmlichen Abschied von Jan Ullrich und seinem Kollegen Andreas Klöden über viele Jahre nicht in Sicht. Die Vakanz könnte bald Vergangenheit sein. Pünktlich zum Start der Tour der France in Deutschland ist Leichtgewicht Buchmann ins Rampenlicht gefahren.
Bei der extrem schweren Tour-Generalprobe Critérium du Dauphiné holte sich der 24-jährige Ravensburger das Weiße Trikot des besten Jungprofis, in der Gesamtwertung belegte er den siebten Platz und ließ dabei namhafte Fahrer wie Ex-Toursieger Alberto Contador oder Spaniens Altmeister Alejandro Valverde hinter sich. Auf der letzten von drei schweren Bergetappen fuhr Buchmann sogar Tour-Champion Christopher Froome und dem australischen Rundfahrtspezialisten Richie Porte davon.
«Das ist mit Abstand mein größter Erfolg, ich bin nun bei den Allerbesten angekommen», sagte der schüchterne Kletterspezialist nach seinem Coup. Scheinbar spielend leicht ging der Mann aus dem deutschen Bora-hansgrohe-Team die Attacken der Stars mit. Schon auf der Königsetappe der Dauphiné-Rundfahrt am Samstag habe er «nie ans Limit» gehen müssen. Was ist also von Buchmann bei der am 1. Juli in Düsseldorf beginnenden Tour zu erwarten?
In diesem Sommer will Teamchef Ralph Denk seinen Youngster noch behutsam aufbauen, entsprechend stellt Buchmann keine großen Ansprüche. «Bei der Tour habe ich das Weiße Trikot eigentlich nicht im Blick, dort fahre ich für Rafal Majka», sagt der gut 62 Kilogramm leichte Kletterer, der als Edelhelfer für den zweimaligen Tour-Bergkönig vorgesehen ist. Die Rollenverteilung kann sich in einer großen Rundfahrt aber immer schnell ändern.
Dass Buchmann das Zeug dazu hat, ist den Experten längst klar. Schon mit 22 Jahren – wie einst Ullrich oder Dietrich Thurau – hatte er 2015 sein Tour-Debüt gegeben und gleich überzeugt. So belegte Buchmann auf der schweren Pyrenäen-Etappe über den Tourmalet hinweg den dritten Platz. Es war ein weiterer Coup, nachdem er kurz zuvor als völlig unbekannter Fahrer die Deutsche Meisterschaft gewonnen und Degenkolb dabei die Show gestohlen hatte. 2016 fuhr er dann auf den 21. Gesamtrang der Frankreich-Rundfahrt.
Dabei ist Buchmann auch als Leichtgewicht ganz passabel im Zeitfahren unterwegs, was bei Rundfahrten oft den Ausschlag gibt. Dass er der neue deutsche Hoffnungsträger für die Rundfahrten ist, bereite ihm nicht größeren Druck, wie Buchmann betont. So blickt er bereits mit großer Vorfreude auf die «speziellen Tage» in Düsseldorf.
(dpa)