Özil verteidigt Bilder mit Erdogan – Kein politisches Ziel

Berlin – Mesut Özil hat sein monatelanges Schweigen zu den umstrittenen Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gebrochen.

Im ersten Teil einer mehrteiligen Erklärung auf Englisch, die er am Sonntag bei Twitter veröffentlichte,
verteidigte der Fußball-Nationalspieler die Aufnahmen von einem Treffen Mitte Mai in London. «Was auch immer der Ausgang der vorangegangenen Wahl gewesen wäre oder auch der Wahl zuvor, ich hätte dieses Foto gemacht», schrieb Özil. «Ein Foto mit Präsident Erdogan zu machen, hatte für mich nichts mit Politik oder Wahlen zu tun, es war aus Respekt vor dem höchsten Amt des Landes meiner Familie.»

Die Fotos zeigen Özil beziehungsweise dessen DFB-Teamkollege Ilkay Gündogan mit Erdogan einen Monat vor der Fußball-WM bei einer Veranstaltung in London. Kritiker sahen dies als Wahlhilfe für Erdogan. Özil erklärte, unabhängig vom Ausgang von Wahlen hätte er das Foto in jedem Fall gemacht. Dabei sei es nicht um Politik oder Wahlen gegangen, sondern darum, das höchste Amt des Landes seiner Familie zu respektieren. «Für mich ist es nicht von Bedeutung gewesen, wer Präsident war, es war von Bedeutung, dass es der Präsident war», heißt es in Özils Erklärung.

Özil verwies auf seine türkischen Wurzeln. Sich nicht mit Erdogan zu treffen, hätte bedeutet, diese Wurzeln nicht zu respektieren, unabhängig davon, wer Präsident sei. Im Gespräch mit Erdogan sei es um Fußball gegangen, nicht um Politik. Sein Beruf sei Fußballspieler, nicht Politiker, schrieb Özil. Mit Erdogan habe er sich erstmals bereits 2010 getroffen, nachdem dieser zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel das Länderspiel zwischen Deutschland und der Türkei in Berlin besucht habe. Damals war Özil von vielen türkischstämmigen Besuchern ausgepfiffen worden.

Die Affäre um die Fotos hatte seit ihrer Entstehung zu Unruhe geführt. Die Debatte ging weit über den Fußball hinaus. Die Diskussion um die Integration der Nachkommen von Migranten und um Fremdenhass wurde immer schärfer. Gündogan und Özil waren in der Angelegenheit sogar zu einem Gespräch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Gast. Nach dem erstmaligen WM-Aus hatten Teammanager Oliver Bierhoff und DFB-Präsident Reinhard Grindel zuletzt gefordert, Özil solle sich öffentlich erklären. Beiden wurde daraufhin vorgeworfen, sie würden den 29-Jährigen zum Buhmann nach dem erstmaligen WM-Vorrunden-Aus einer deutschen Nationalmannschaft machen.

Die Debatte um Özil und Gündogan hatte die Vorbereitung der deutschen Mannschaft auf die WM beeinflusst. «Am Anfang hat das schon ein bisschen gestört in der Mannschaft, war sogar belastend», sagte Kapitän Manuel Neuer vor der WM, die für die deutsche Mannschaft mit einem sportlichen Debakel endete. Im letzten Vorbereitungsspiel in Leverkusen gegen Saudi-Arabien war Gündogan von den meisten Zuschauern ausgepfiffen worden. Özil hatte mit dem Hinweis auf eine Verletzung auf den Einsatz verzichtet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei einem Besuch im Trainingslager von Joachim Löws Auswahl im Mai in Südtirol mit Özil und Gündogan gesprochen. «Ich glaube, die beiden Spieler haben nicht bedacht, was das Foto auslöst mit dem Präsidenten Erdogan», sagte Merkel am 10. Juni in der ARD. Gündogan hatte sich wenige Tage zuvor öffentlich geäußert. Seine Aussagen ähneln denen, die Özil nun von sich gab. Er hatte auf ihre «türkischen Wurzeln» verwiesen und betont, dass es nie ein Thema gewesen sei, «ein politisches Statement zu setzen».

Unklar ist auch nach Özils Erklärung seine Zukunft in der Nationalmannschaft. Der Weltmeister von 2014 äußerte sich dazu zunächst nicht. Die nächsten Länderspiele stehen am 6. September gegen Weltmeister Frankreich und am 9. September gegen Peru auf dem Programm. Bundestrainer Joachim Löw will sein Aufgebot am 29. August bekanntgeben.

Özil trat am Sonntag mit dem FC Arsenal eine Reise nach Singapur an. Dort gehen die Gunners auf eine Art Werbetour und treffen in einem Freundschaftsturnier im National-Stadion am Donnerstag auf den Europa-League-Sieger Atlético Madrid und am Samstag auf den französischen Fußballmeister Paris Saint-Germain.

Die Aussagen von Özil verbreiteten sich in den Sozialen Netzwerken im Laufe des Sonntagnachmittags rasend schnell. Zuvor hatte er sich der 92-malige Nationalspieler nur mit Urlaubsfotos in der Öffentlichkeit gemeldet.

Özil Äußerungen im Wortlaut


(dpa)

(dpa)