Berlin – Der Weg zur Erfüllung ihres Kindheitstraums führte Dorranai Hassan aus dem noblen Berliner Stadtteil Zehlendorf über Amsterdam ins indische Siliguri. An den Ausläufern des Himalaya bestritt die 16 Jahre alte Torhüterin ihr erstes Länderspiel – für die Nationalmannschaft Afghanistans.
«So richtig glauben kann ich das noch gar nicht», sagte der Teenager der Deutschen Presse-Agentur. «Manchmal ist es so, als sei das alles nur ein Traum.» Hassan ist in Berlin geboren und aufgewachsen, ihr Vater stammt aus Afghanistan.
«Ich wollte schon von Kindheit an Nationalspielerin werden», sagte Hassan, die bei den B-Juniorinnen von Hertha 03 Zehlendorf im Tor steht und als großes Talent gilt. Ende Dezember reiste sie dann tatsächlich zur Südasien-Meisterschaft und stand bei der 1:5-Niederlage gegen Titelverteidiger Indien im Tor.
Die nächsten Länderspiele könnte es vielleicht schon im März in Kroatien geben. Dort sind die Löwinnen provisorisch für das Turnier um den Istria-Cup gemeldet. «Aber noch reicht die Unterstützung für die Reise nicht», sagte die Ex-Spielerin und jetzige Teammanagerin Khalida Popal. Sie hofft auf Sponsoren und Spenden: «Wir sind stolz, erstmals auf eine Teilnahme in Europa angesprochen worden zu sein».
Dorranai Hassans steiler Weg in die afghanische Auswahl war kurios. «Ich habe ein Zeitungsinterview über zwei Hamburger Spielerinnen gelesen und dann Kontakt zu ihnen aufgenommen. Die haben mich weiter vermittelt», erzählte sie. «Auf einem Lehrgang in Amsterdam wurde ich dann vom Torwart-Coach der Auswahl für gut befunden.»
Ihre Karriere verläuft vielversprechend. Die Torwarttrainerin Haley Carter, bis vor kurzem noch Keeperin im US-Profiteam Houston Dash, lobt die Berlinerin als riesiges Talent. Ebenso Hertha-Vereinstrainer Peter Heinrich: «Dora gehört zum erweiterten Kreis der Berliner Auswahl. Die Berufung ins Nationalteam wird ihr weiteren Auftrieb geben.»
Ihr Vater kam vor 45 Jahren zum Studieren nach Deutschland. Fußball spielt die Elftklässlerin seit früher Kindheit. «Ich habe im Kindergarten mit den Jungs gekickt. Das hat so viel Spaß gemacht, dass ich 2009 in den Verein zu Hertha 03 gegangen bin.» Anfangs war sie auf allen Positionen einsetzbar. «Aber das Torwartspiel liebe ich besonders. Man kann da so viel fliegen», schwärmt sie.
Die meisten Spielerinnen der afghanischen Frauen-Nationalmannschaft leben in anderen Ländern. Neben Deutschland sind das Dänemark, Schweden, Norwegen, die Niederlande und die USA, je nachdem, wohin die Flucht vor den Taliban sie geführt hat. Die ehemalige Kapitänin Popal leitet inzwischen das Team aus ihrer dänischen Exilheimat, nachdem sie 2011 aus Kabul geflohen war.
(dpa)