Jamanka zur Bahn in Whistler: «Angst ist tödlich»

Whistler – Sie ist hochgradig gefährlich. Die Furcht darf aber im Bob nicht mitfahren, wenn es zur ersten Weltmeisterschaft im berüchtigten Eiskanal der Olympischen Winterspiele von 2010 kommt.

«Auf so einer Bahn wie Whistler ist Angst ganz, ganz tödlich», sagt Mariama Jamanka. Die 28-Jährige stürzte dort selbst vor einem Jahr im Training. «Das ist nicht schön, doch Stürze gehören zum Tagesgeschäft, man darf sich davon nicht extrem beeinflussen lassen, weil sonst bekommt man Angst», betont sie. Nachdenklich mit leiser Stimme fügt die gebürtige Berlinerin und Olympiasiegerin von 2018 allerdings hinzu: «Ich kann nicht garantieren, dass es wieder passiert.»

Für die ehemalige Hammerwerferin, die für den BRC Thüringen startet, ist die 1450 Meter lange Bahn in Kanada mit einem Gefälle von 20 Prozent «einfach nur krass – anders kann man es nicht beschreiben». Für den Kopf sei es unheimlich anstrengend, «weil sie in jedem Trainingslauf, in jedem Wettkampflauf einfach viel von dir abfordert, viel Konzentration. Es muss alles sehr perfekt laufen, weil man durch die Geschwindigkeit ein sehr schmales Zeitfenster hat, in dem man richtig reagieren muss», sagte Jamanka der Deutschen Presse-Agentur vor den WM-Läufen am Wochenende.

Das «Whistler Sliding Centre», wo 2010 bei Olympia der georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili tödlich verunglückte, war 2016 beim Weltcup für die Viererbobs gesperrt worden. Sie durften nur als Spurschlitten fahren, danach wurden die Fahrlinien ausgewertet. Weltklasse-Piloten wie Francesco Friedrich und Nico Walther verspotteten die doppelt ausgetragenen Zweierbob-Rennen als «Baby-Weltcup». Die Sicherheit der Athleten ging aber vor. Thomas Schwab, Sportdirektor und Vorstandsvorsitzender des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD), wollte sogar die WM-Vergabe infrage stellen.

Er musste 2010 auch mit anschauen, wie Cathleen Martini im olympischen Finallauf in der heiklen Kurve Fifty-Fifty bei Tempo 146 stürzte und Romy Logsch aus dem Bob herausgeschleudert wurde. Die Anschieberin schlitterte die Bahn hinunter und erlitt eine Fraktur im linken Sprunggelenk.

Ein Jahr darauf fand der Weltcup bei minus 15 Grad Celsius auf einer knallhart vereisten Piste statt. Das bekamen bei Trainingsstürzen erneut Martini und auch der WM-Zweite Karl Angerer zu spüren. «Das Eis ist dann so hart wie eine Glasscheibe, wenn man lenken will, reagiert der Bob nicht mehr», beschrieb Ex-Bundestrainer Christoph Langen damals die Situation.

Aktuell soll es deutlich wärmer werden. Das zaubert auch Annika Drazek ein Lächeln ins Gesicht. Die Anschieberin von Jamanka hat «sehr, sehr großen Respekt» vor dem 16 Kurven umfassenden Eislabyrinth. Auch der Blick vom Startbalken hinab ins Tal ist angsteinflößend. «Das ist Adrenalin pur, für mich besonders krass, weil ich eine bin, die beim Anschieben nach vorne schaut», erinnert sie sich an die erste Fahrt in Whistler.

«Ich sagte mir, scheiße, du guckst ja ins Tal, in die Stadt rein. Und dann ab Kurve drei hat man schon fast 100 Stundenkilometer drauf, das ist ja krank, was du da für ein Gefälle hast», beschreibt die ehemalige Sprinterin ihre Gefühle bei der Fahrt. Über mehr will sie gar nicht nachdenken: «Ich vertraue Mariama wirklich – dann geht’s. Ich lege ja mein Leben in ihre Hand, bisher hat sie es nicht verspielt.»


(dpa)

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