Mit 80 auf Mission: Menotti will Messi und neuen Glanz

Buenos Aires – Er kommt auch aus Rosario, der Heimat von Lionel Messi. Das aber ist nicht der Grund, warum viele hoffen und manche glauben, dass César Luis Menotti derjenige ist, der den begnadeten Fußball-Star zur Rückkehr in die argentinische Nationalmannschaft bewegen kann.

Menotti ist seit diesem Monat Generaldirektor der argentinischen Nationalmannschaften – im stolzen Alter von 80 Jahren. Unter Applaus nimmt er das Trikot, das ihm Verbandsboss Claudio Tapia kurz zuvor überreicht hat, und legt es sich lässig um die Schultern. Menotti ist noch immer schlank, «El Flaco», der Dürre, wie er genannt wurde und noch immer wird. Beim Neuaufbau der Albiceleste nach dem peinlich-verheerenden WM-Auftritt von Russland lastet deutlich mehr auch auf ihm. Mehr als eine WM-Chance dürfte die Generation Messi kaum mehr haben.

Mehr als ein halbes Jahr ist es mittlerweile her, dass Messi mit der Auswahl wieder einmal vor dem so ersehnten Triumph gescheitert ist. Seit jenem 30. Juni 2018 hat er das himmelblau-weiße Dress offiziell nicht mehr übergestreift.

Ist es bald wieder soweit? Am 22. März spielt Argentinien gegen Venezuela, Ort: Madrid. Messi könnte praktisch mit dem Auto hinfahren. Noch ist aber offen, ob der Superstar des FC Barcelona dabei sein wird. Menotti sei eine wichtige Figur des argentinischen Fußballs, er werde sehen, ob es notwendig sei, Messi zu einem Gespräch zu treffen oder nicht, ließ Tapia unlängst verlauten.

Menotti: Fußball-Philosoph, Fußball-Intellektueller, Liebhaber des schönen Fußballs, des «linken Fußballs», wie er sagt. Das Resultat allein ist nicht ausschlaggebend. Schön muss es sein, mitreißend, begeisternd. «Das Publikum will ehrlichen Fußball. Es merkt, ob die Mannschaft das Spiel gestalten und gewinnen will. Ob die Spieler Spaß haben oder ob sie ängstlichen, destruktiven Fußball spielen.»

Wer, wenn nicht Messi spielt genau den Fußball, den Menotti beschwört? Der argentinische Verband machte ihn zum Generaldirektor der Nationalmannschaften, seit dem 1. Februar ist er im Amt. «Ich bin da, um zu helfen, um Rat zu geben», betont Menotti: «Ich werde niemals in die Entscheidungen des Trainers eingreifen.»

Lionel Scaloni dürfte die Hilfe kaum ablehnen. Er übernahm nach dem Ende der kurzen und kostspieligen Amtszeit von Jorge Sampaoli. Er galt bei der WM für manche von der Mannschaft, wiederum angeführt von Messi, als entmachtet. Von Harmonie oder guter Stimmung war im WM-Camp der Südamerikaner im ganz beschaulichen Bronnitsy im Moskauer Umland so gar nichts zu spüren. Wie ernst die Spieler den Trainer noch nahmen, ist schwer zu beurteilen.

Einen Menotti nehmen sie ernst. Er führte 1978 Argentinien zum WM-Titel im eigenen Land. Vier Jahre zuvor, nachdem die Albiceleste bei der WM in Deutschland in der zweiten Gruppenphase gescheitert war, hatte er den Posten übernommen. Mit Menotti als Trainer, dem Feingeist und Intellektuellen, der in Rosario Mitglied der Kommunistischen Partei geworden war, wollten Diktator Rafael Videla und die Militärs ihr eigenes Image im Land aufpolieren.

«Ich wusste, was (während der Militärdiktatur) geschah, kannte aber nicht das Ausmaß der Gräueltaten, dass sie Menschen lebend aus Flugzeugen in den Fluss warfen», sagte Menotti einmal in einem TV-Gespräch. Den WM-Sieg schätzt er als einen Erfolg ein, der den Militärs die Kontrolle über die Bevölkerung erschwerte: «Es gingen Millionen auf die Straßen (um zu feiern), eine Niederlage wäre für die Diktatur günstiger gewesen.» 3:1 nach Verlängerung hatten sich die Argentinier im Finale gegen die Niederlande durchgesetzt.

1978 feierte Messis Vater gerade mal seinen 20. Geburtstag. Messi selbst wird in diesem Sommer bereits 32. Bei der WM 2022 in Katar wäre der fünfmalige Weltfußballer 35. Es ist wohl seine wirklich letzte Chance, dieses letzte, aber bedeutendste Kapitel seiner Karriere zu vollenden. Neun Nationaltrainer hat er seit seinem Debüt im August 2005 bereits erlebt. Keiner konnte ein Team um ihn und mit ihm formen für den Gewinn der WM. Die Verantwortung, die WM zu gewinnen, dürfe nicht allein bei Messi liegen, forderte Menotti.

Bei der WM 86 habe Maradona Mitspieler wie Jorge Burruchaga oder Sergio Battista gehabt. «Wir haben Messi, wir müssen aber schauen, wie und mit wem», sagt Menotti. Die Frage, ob Messi zurückkehrt, stellt er sich schon gar nicht mehr.


(dpa)

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