Wie Sammer und Kohler: Bender-Zwillinge brüllen Bayer wach

Düsseldorf – Die Nachricht von den Halbzeit-Statistiken hatte Heiko Herrlich endgültig die Laune verdorben.

«Mir war danach, rumzuschreien», gestand der Trainer von Bayer Leverkusen. 0:8 Torschüsse waren zu diesem Zeitpunkt notiert – für einen Champions-League-Anwärter bei einem Aufsteiger. Doch Herrlich schrie nicht rum.

«Ich habe mich an Ottmar Hitzfeld erinnert», sagte er nach dem letztlichen 2:1 (0:0)-Sieg bei Fortuna Düsseldorf in Anlehnung an seine Profi-Zeit in Dortmund: «Er hat nicht einziges Mal rumgeschrien. Obwohl ihm sicher auch das eine oder andere Mal danach war.» Herrlich wies nur kurz auf die erschreckende Statistik hin, betont sachlich, und zog sich zurück. «Ich habe gehofft, dass etwas aus der Mannschaft kommt», sagte er: «Das Herz einer Mannschaft schlägt schließlich immer in den Spielern.»

Und tatsächlich: Kapitän Lars Bender stand auf, unterstützt von Zwillingsbruder Sven, und redete den Kollegen mit Nachdruck ins Gewissen. «Zu meiner Dortmunder Zeit waren es Matthias Sammer, Jürgen Kohler oder Stefan Reuter, die rumgebrüllt haben. Heute war es eben der Lars», sagte Herrlich. Seine Autorität fühlte er dadurch nicht untergraben. Im Gegenteil. «Die Benders haben heute die Drecks-Arbeit für mich gemacht.»

Auch Sportchef Rudi Völler sah die Brandrede des Ex-Nationalspielers positiv. «Der Lars ist Kapitän. Er darf das», sagte der Weltmeister von 1990. Und Kevin Volland, der mit zwei Treffern (50./60. Minute) letztlich zum Matchwinner wurde, lobte: «Das war eine Super-Rede, die uns aufgerüttelt hat. Danach ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen.» Was genau Bender erzählt hat, wollte Volland nicht verraten. Nur so viel: «Es ging um Haltung. Es war klar und deutlich und kam genau zur richtigen Zeit.»

Am Ende setzte sich die individuelle Klasse der Leverkusener durch, die mit dem zweiten Sieg den vereinshistorischen Fehlstart von drei Niederlagen nun halbwegs kaschiert haben. Nicht nur der in Düsseldorf wohnende Volland («In der Heimatstadt ist die Luft besonders gut»), auch Lukas Hradecky und Kai Havertz waren entscheidend. Der Torhüter verhinderte in der ersten Halbzeit den Rückstand. Der Jung-Nationalspieler war an der Entstehung beider Tore beteiligt.

«Sechs Punkte in vier Tagen – so kann es weitergehen», sagte Völler. Mit Blick auf den «Freundschaftsspiel-Charakter» der ersten Halbzeit ergänzte er aber: «Uns allen ist klar: Gegen Dortmund am Samstag müssen wir zwei Halbzeiten lang so spielen.» Von der 7:0-Gala des BVB gegen Nürnberg wusste Völler bis dahin noch nichts.


(dpa)

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