Vom Krisenclub zum DEL-Titelkandidat: Mannheim im Halbfinale

Mannheim – Vom Chaosclub sind die Adler Mannheim zum Titelkandidaten gereift. Anfang Dezember hatte der siebenmalige deutsche Eishockey-Meister radikal die gesamte sportliche Führung ausgewechselt.

Bis zum Schluss zitterte einer der teuersten Kader der Deutschen Eishockey Liga (DEL) um die Playoff-Teilnahme. Nun kann die lange verkorkste Saison doch ein Happy End nehmen.

Als souveräner Halbfinalist spielen die Adler um den Kapitän der sensationellen Olympia-Silbergewinner, Marcel Goc, nach der gewonnenen Serie gegen Ingolstadt um den Einzug ins Playoff-Endspiel. «Wenn man sieht, wo wir hergekommen sind und wo wir jetzt stehen, ist es eine starke Leistung», sagte Trainer Bill Stewart.

Mit dem 4:3-Auswärtserfolg und und dem vierten Sieg im fünften Spiel beendete Mannheim das Duell mit dem ERC Ingolstadt am Freitagabend vorzeitig und steht erstmals seit dem Titelgewinn 2015 unter den besten Vier. Ob die Kurpfälzer von Donnerstag an Titelverteidiger EHC Red Bull München oder den Hauptrunden-Zweiten Eisbären Berlin herausfordern, hängt von der Viertelfinal-Begegnung zwischen Köln und Nürnberg ab. Wer der nächste Gegner ist, sei egal, betonten die Nationalspieler Matthias Plachta und Dennis Endras selbstbewusst.

Jetzt, wo es zählt, präsentieren sich die Adler titelreif. Erst am Ende der Hauptrunde waren sie in Form gekommen, erst nach der Olympia-Pause sicherten sie sich am letzten Vorrunden-Spieltag den direkten Einzug ins Viertelfinale.

Noch im Januar hatte es danach ausgesehen, als könnte der ambitionierte Traditionsverein die Saison abhaken und sich ganz auf die Zukunft konzentrieren, die im Sommer mit Pavel Gross als neuem Trainer beginnen soll. Auch unter dem umstrittenen früheren Meistercoach Stewart, der im Dezember Nachfolger von Sean Simpson geworden war, hatte die sportliche Krise zunächst kein Ende genommen.

Mit der Rückholaktion des für seine Eskapaden bekannten Stewart hatte Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp überrascht. Im Oktober war Stewart bei den Straubing Tigers freigestellt worden, weil die Niederbayern mit ihm bis auf den letzten Tabellenplatz abrutschten. «Sie haben jetzt Rückgrat bewiesen», sagte der Trainer über seine Profis nach dem Weiterkommen gegen den Hauptrunden-Vierten Ingolstadt. ERC-Coach Doug Shedden bilanzierte: «Sie sind einfach besser als wir gewesen.»

Auch die Olympia-Zweiten David Wolf und Plachta trugen mit ihren Toren entscheidend zum vierten Sieg im fünften Spiel gegen den ERC bei. Ein Lob bekam Nationaltorhüter Dennis Endras, der nach seiner Ersatzrolle bei den Winterspielen in Südkorea überzeugt. «Wenn jemandem ein Missgeschick passiert, ist Endras zur Stelle», sagte Stewart. Der 60-Jährige ist für markige Sprüche bekannt, auch ein Halbfinale stellt ihn normal nicht zufrieden: «Zweiter werden ist wie seine Schwester küssen», hat er einmal gesagt.


(dpa)

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